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Vier Begegnungen

Ein amüsantes, aber auch stilistisch genussreiches Buch. Es geht im Prinzip um vier Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen und deren Geschichten. Vier Geschichten also, entstanden und zuerst veröffentlicht in den Jahren zwischen 1864 und 1884. In einer anderen Ära, in der Aufbruchsstimmung kurz vor der vorletzten Jahrhundertwende und immer im Spannungsverhältnis zwischen alter und neuer Welt, zwischen Europa und Amerika. Es geht also auch und vor allem um Transatlantische Befindlichkeiten, ein Thema, das der Autor Henry James quasi selbst vorgelebt und erfahren hat – geboren wurde er 1843 in New York, gestorben ist er 1916 in London, wo er schon lange gelebt hatte. Aufschlussreich sind die von ihm so meisterhaft geschilderten, unterschiedlichen Blickwinkel auf das Leben und die jeweiligen Gesellschaften diesseits und jenseits des Atlantiks; Unterschiede, die sich bis heute vielleicht gar nicht so sehr geändert haben.

„Ich habe keine Mission; ich will nicht predigen; ich bin einfach hineingeraten in einen Gemütszustand; ich habe mir Europa vom Hals geschafft. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie simpel alles dadurch wird und wie vergnügt mich das macht. Jetzt kann ich leben; jetzt kann ich reden. Wenn wir erbärmlichen Amerikaner nur ein für alle Mal sagen könnten: »Ach, Europa, häng dich doch auf!« – wir würden uns viel besser unseren eigentlichen Angelegenheiten kümmern.“ Klingt das irgendwie vertraut?  … Das schrieb in einem fiktiven Brief ein Amerikaner nach einer längeren Europareise an seine Schwester, ebenfalls in den USA lebend. Und weiter: „Ich höre nichts über Fürst Bismarck und Gambetta, über Kaiser Wilhelm und den russischen Zaren, über Lord Beaconsfield und den Prince of Wales. Irgendwann war ich es so müde, ihr ganzes Geschwafel von Bismarck, von seinen Geheimnissen und Überraschungen, seinen mysteriösen Absichten und orakelnden Aussprüchen. Sie schimpfen auf uns wegen unserer Parteipolitik – was aber sind all die europäischen Eifersüchte und Rivalitäten, ihre Rüstungen und ihre Kriege, ihre Raffgier und Raubgier und ihre gegenseitigen Lügen, wenn nicht Ausgeburten des Parteigeistes?“ … Nur ein Beispiel aus dem bemerkenswerten Wechselspiel „Wie man es sieht“ von 1882.

Kurzum, es sind vier ganz unterschiedliche und dennoch verwandte Geschichten, allesamt sehr lesenswert und unterhaltend. Ein Auftragsmord, der tragisch schiefgeht; ein merkwürdiges, vielleicht verschenktes Leben; der Briefwechsel verschiedener Personen aus dem eben schon zitiert wurde und ein ganz komischer wie trauriger Fall von Missverständnis. In diesem wie immer beim mare Verlag schön ausgestatteten Buch gibt es neben einem umfangreichen Index erläuternder Anmerkungen auch noch ein schönes Nachwort des Übersetzers, Mirko Bonné, der die wunderbaren Texte von Henry James noch einmal perspektivisch in die Zeiten einordnet. Also: Absolut empfehlenswert!  


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