Alle Katamarane haben zwei Rümpfe. Aber da hört es auch schon auf mit den Gemeinsamkeiten, denn tatsächlich gibt es hier enorme Unterschiede in Segelleistungen, Komfort an Bord und Handhabung.
Es ist leider genauso, wie im richtigen Leben: Man kann einfach nicht alles haben. Beim Multihull, besonders aber beim segelnden Katamaran, heißt das: Entweder schnell. Oder luxuriös. Gut, man kann bis zu einem gewissen Grad doch beides haben, aber das ist dann ziemlich sehr teuer. Also bewegen wir uns hier nicht zwischen zwei, sondern, falls das hier einmal erlaubt ist, drei Polen: Schnell, luxuriös und erschwinglich. Schnell und günstig? Kann man machen, dann wird es mit dem Komfort an Bord aber nicht sehr weit her sein. Komfortabel und günstig? Geht auch, aber dann wird der Katamaran nicht mehr sehr schnell sein. Und, wie eingangs schon gesagt, schnell und Luxuriös, selbst das geht. Aber erst ab einer gewissen Schiffsgröße, und dann unter Verwendung aufwändiger Materialien wie Kohlefasern, Kevlar und ähnlichem. Beispiele für solche Top-Schiffe wären die Katamarane der amerikanischen Marke Gunboat, oder auch die neueren Modelle der französischen Werft Outremer. Oder, mit leichter Tendenz zu mehr Luxus statt Performance, Catana.
Moderner (Charter-)Katamaran: Nautitech Open 40
Daran sieht man es schon – man muss sich ja nicht für die Extreme entscheiden. Am Ende kommt es, bei Booten wie im Leben, immer auf den richtigen Kompromiss an. Wie weit gehe ich in Richtung Komfort, was ist mir das an zusätzlicher Investition wert oder wie weit reichen mir dafür Segeleigenschaften, die zwar solide, aber nicht rekordverdächtig sind? Es geht also darum, innerhalb dieser drei Maximalwerte die richtige „Mischung“ zu finden. Im Grunde gilt das auch für Monohulls, allerdings sind Multis deutlich sensibler und so wirkt sich hier die Gewichtung innerhalb dieser drei Parameter auch stärker aus.
Katamarane für den Urlaub
So wird es nicht wirklich überraschen, dass man mit den gängigen Bareboat-Charterkats zwar nicht unbedingt Regatten gewinnen wird, dafür aber einen wunderbaren Urlaub an Bord verbringen kann, denn dafür sind sie gemacht. Beispiele dafür wären die Modelle der drei großen Marken Lagoon, Leopard und Nautitech, wobei vor allem letztere auch noch anspruchsvollere Segler glücklich machen dürften. Und alle diese Boote segeln tatsächlich so gut, dass sie auch perfekte Familienboote abgeben und oft für Blauwassertörns und Langfahrten bevorzugt werden. Denn auch hier kommt es am Ende weniger auf den Adrenalinkick beim Segeln an – ganz im Gegenteil! – sondern auf Zuverlässigkeit, Sicherheit und eben auch den Wohnkomfort an Bord.
Ein eher „konservativer“ Kat: Suncat 40, entworfen von Derek Kelsall
Sofern man im Süden oder gar gleich in tropischen Gewässern unterwegs ist wo sich das Leben fast immer draußen abspielt, ist jeder Multihull mit seinen großen Decks- und Cockpitflächen weit vorne. Zumal sich ja Cockpit und Salon, oft auch die Küche, auf einer Ebene befinden. Schon vor Jahren hat man bei Nautitech dieses Konzept konsequent weitergeführt, mit den fest überdachten Cockpits. Doch erst mit der Nautitech Open 40, dann auch mir der größeren Schwester, der Open 46, wurde dieser Gedanke zu Ende gedacht: Hier gehen die Innen- und Außenbereiche quasi fließend ineinander über. Perfekt für ein Fahrten- oder Urlaubsboot, vor allem, wenn es bevorzugt im Süden eingesetzt wird.
Schwerter für Katamarane
In Puncto Performance gibt es ein leicht erkennbares Merkmal: Schwerter. Segelkatamarane, die mit Schwertern ausgerüstet sind, segeln besser. Obwohl dies eine pauschalisierende Aussage ist, trifft sie doch fast immer zu. Denn vor allem bei Kursen am wind sind Schwerter, mit ihren langen und schmalen Profilen, einfach sehr viel effektiver als die Alternative, nämlich lange und flache Stummelkiele. Ein Punkt für die Performance, wie gesagt. Doch wie eingangs schon gesagt, ist das Eine ja nicht alles. Für Fahrtenkatamarane gibt es auch gute Argumente für die flachen Kiele. Die sind einfacher (preiswerter) zu bauen, unkompliziert im laufenden Betrieb, denn hier kann nichts klemmen oder klappern. Kats mit Kielen können auch problemlos trockenfallen, denn dann stehen sie auf den Kielen, die gleich die Saildrives oder Propeller sowie die Ruderblätter mit schützen.
Doch wer mit seinem Multihull wirklich schnell segeln möchte, wird Schwerter haben, so, wie alle Rennmultis. Ebenso wie ein leichtes Rigg, und das ist nicht so einfach auf den ersten Blick erkennbar. Aber ein Kohlefasermast, in Verbindung mit hochwertigem stehenden Gut aus PBO zum Beispiel, macht schon einen erheblichen Unterschied in den Segel- und Seeeigenschaften eines Bootes aus im Vergleich zum Aluminiummast mit Nirostagen. Die echten Hochseeracer und Rekordbrecher haben darüber hinaus meist drehbare Profilmasten. Diese funktionieren aber nur dann wirklich, wenn der scheinbare Wind vorlicher als Querab einfällt – was bei diesen Extremrennern aufgrund der hohen Geschwindigkeiten immer der Fall ist. Bei unseren „normalen“ Katamaranen dagegen wird das eher selten vorkommen, und da sich diese Masten nicht weiter als wenige Grad drehen und eben nur für diese vorlichen Windwinkel einstellen lassen, bringen sie hier keinen Vorteil.
Was also macht einen Kat schnell? Geringes Gewicht, große Breite, viel Segelfläche und schmale Rümpfe – alles Dinge, die eben mit komfortablen Leben an Bord aus den ersten Blick weniger vereinbar sind. Interessant in dieser Hinsicht sind die sehr schnellen Kats von Le Breton Yachts, die sogar auf den Aufbau über dem Brückendeck verzichten: Hier wird ganz konsequent auf Speed und Ästhetik gebaut.
Dies ist das angenehme Fazit: Es gibt heute für jeden Zweck, für jeden Geschmack und für jede persönliche Präferenz den maßgeschneiderten Katamaran.
Hier geht es zur weiterführenden Literatur.
Hier gibt es gebrauchte Katamarane: