Eine Rezension von Peter Förthmann. Auf dessen Seite „Windpilot Blog“ gibt es auch ein sehr schönes, ausführliches Portrait über den Autor des hier vorgestellten Buches.
Einfach Segeln: Ein Buchtitel, der im Kopf neugieriger Segler ein Bild sublimiert, das, einem Tsunami nicht unähnlich, den Leser bereits von der ersten Seite, unvermittelt mit einer Flutwelle kompakter Informationen überrollt, fast Atemlosigkeit hinterlässt. KISS ist Seglers Sehnsucht und ständiger Lebensbegleiter weil er mit Einfachheit, weniger Probleme beim Segeln verbindet, dies zumindest hofft. Dieses Buch ist erfrischend anders als andere, teils seitenstarke Bücher von Autoren, die durch bloße Wahl des Titels, eigene Referenz zu erreichen suchen, indem sie den Begriff Blauwasser verwenden, einem Terminus immerhin, dessen Verwendung im deutschen Sprachraum hier und dort stille Ehrfurcht zu erzeugen in der Lage ist, vermutlich um daraus Distanz und Lufthoheit zu generieren?
Das Buch von Wilfried Krusekopf kommt auf Samtpfoten, optisch unauffällig, ins Auge des Betrachters, weil weder Titel noch unverfängliches Titelbild verraten, welch explosiver Stoff im Buchinneren lauert, sodann kurz und kompakt abgehandelt wird. Es kommt Schlag auf Schlag. Das Buch beinhaltet nichts weniger als die geballte Lebenserfahrung eines Mannes, der seit 40 Jahren in einem der schönsten Reviere der Welt, der Bretagne, seine Heimat und Lebensmittelpunkt gewählt und gefunden hat. Einem Segler, der die Besonderheiten und Anforderungen dieses anspruchsvollen Reviers atmet und lebt, wo Frauen, wie wir alle wissen, seit Jahrhunderten vermutlich die besten Seeleute und Segler der Welt geboren haben, was natürlich der besonderen Referenz an das nasse Element geschuldet ist. Nur eine Randnotiz, dass der Autor mit einer waschechten Bretonin ein symbiotisches Leben in ausgewogenem Rhythmus vom Golfe du Morbihan rund um den Atlantik sowie europäische Küsten besegelt und darüber berichtet, Bücher verfasst, Ausbildungsreisen durchführt, zudem durchreisende Segler berät, damit sie nicht aus Versehen in den gefährlichen Klippen seiner Heimat sich verfahren oder verfangen können.
„Einfach Segeln“ rüttelt, vollkommen unprätentiös, an den Gitterstäben vorhandener Literatur, da es nichts weniger als das Thema Ursprünglichkeit des Segelns und insbesondere das ernsthafte Blauwassersegeln bis in entlegenste Bereiche durchleuchtet und kritisch untersucht, Lebenserfahrungen als Kompass inklusive. Hier werden im Schnelldurchgang die wirklich wichtigen Entwicklungen im Segelsport benannt, Vor- und oder Nachteile von konstruktiven Details offengelegt, abgewogen und klare Hinweise gegeben über Entwicklungen am Markt, auf sogenannt moderne Technik, bzw. deren Sinn oder Unsinn an Bord einer Segelyacht, wenn am Ende der Skipper zum Sklaven seiner Technik degradiert, die ihn hier oder dort dann zur Verzweiflung treibt. Kurz, der Autor schildert nüchtern die Folgen, wenn der Wortsinn von KISS über Bord gegangen ist. Angenehm zudem: das Buch reflektiert die Lebenserfahrungen des Verfassers unplugged, es enthält weder affiliated press noch „verdächtige“ Denkanstöße für Trends oder Produkte, die durch das geschriebene Wort Wucht entfalten könnten, hingegen einen kritischen Abgleich von Entwicklungen zwischen Gestern und Heute, Ursache und Wirkung, wobei der Leser im Kielwasser dieses Buches wohltuend knapp eine Unzahl von deutlichen Hinweise erfährt, ganz ohne Besserwisserei. Praxis pur, logisch und nachvollziehbar! Lesefutter, aus dem sich Segler mit ungestillter Sehnsucht nach dem Segeln über tiefem Wasser, laben können, einer Sucht, die stetig frisches Futter sucht – wobei die eigene Meinung ggf. optimiert, weil der Hunger erst nach dem Start zur eigenen Reise langsam durch eigene Erlebnisse kompensiert, und Träume still und leise mit der Realität ausgetauscht werden.
Ein Buch, das auf die Zustimmung und Interesse vieler Segler treffen wird, deren innerer Kompass durch heutige Trends und Tendenzen in der Angebotsvielfalt dauerverwirrt, vermutlich ein wenig Orientierungshilfe benötigen, wenn oder weil sie noch nicht den finalen Kurs gefunden haben, der hier als roter Faden auf 175 Seiten durchgängig zu finden ist. Der Kern des Buches: Vermittlung von Erfahrung zur Fehlervermeidung. Nicht geschrieben, um eigene Prominenz zu erreichen, hingegen Hands-on Ratschläge, um das Segeln einfacher zu machen, wovon wir alle träumen.
Eine Antwort
Ich habe dieses Werk, als Vorabversion, zum Lesen bekommen. Es reiht sich in „Tonlage“ ein, zusammen mit anderen Büchern, die demnächst auf den Markt kommen werden. Es scheint langsam klar zu werden, dass der zeitgenössische Yachtbau eine falsche Richtung eingeschlagen hat. – Schiffe werden mehr und mehr von Marketingstrategen, von Designern und Innenarchitekten entworfen, die noch nie in ihrem Leben ein paar Tage wirklich hartes Wetter auf hoher See erlebt haben. Sicherheit in der Konstruktion des Rumpfes und seiner Anhänge, des Innenlebens (z.B. Haltemöglichkeiten, Küchenbuden, mittschiffs und in U-Form, Lotsenkojen mittschiffs mit Leesegeln usw. usf.), des Riggs sind nicht mehr belangreich. Dafür schaffen breite, flache Achterpartien natürlich Raum für die Imitation von Hotelschlafzimmern, bieten aber von achtern auflaufenden Brechern Hebelkräfte an, die ein Schiff viel leichter querliegen, respektive -schlagen können. Freistehende Spatenruder sollen diese massiven Hebelkräfte aufnehmen, aber wie denn? Zweifach gelagert auf einer Länge von unter einem Meter, bei doppeltem Tiefgang des Ruders. Da braucht es wenig Kenntnisse der Mechanik um einzusehen, dass das bei schwerem Wetter nicht sicher sein kann. Gut, antworten dann die Entwickler, wir haben dafür ja auch zwei Ruderblätter. Aber was nützt es, wenn eines Weg ist und nur noch auf einem Bug segeln kann? Eine feste Schraubenwelle, mit Lagerbock und direkter Anströmung des Ruders ist dabei ja auch nicht mehr möglich. Saildrives sind die günstigere Variante. Aber auf einer Gummimembrane von z.B. 50 cm Durchmesser über 4000 m Wassertiefe zu schwimmen schafft mir Gänsehaut. Für die Manöverierfähigkeit baut man dann, bei Schiffen über 40 Fuss, eben Bug- und Heckschraube ein, damit diese Leichtgewichte dann auch leicht in eine Box zu manöverieren sind. Und so weiter….
Der Author schreibt aus Erfahrung, unprätentiös aber mit klarer Sprache. Vielleicht ist er in der Tonwahl sogar etwas zu schonend. Auf jeden Fall ein sehr lesenswertes Buch, dass jedem potentiellen Schiffskäufer zu denken geben sollte!