Leben und Werk von… Wilfried Erdmann

Wilfried Erdmann: Ich greife den Wind. Erinnerungen

Wilfried Erdmann (1940–2023) war einer der bekanntesten deutschen Segler, dessen Leben und Werk untrennbar mit dem Meer verbunden sind. Geboren in Pommern, entdeckte er schon früh seine Leidenschaft für das Reisen und das Unbekannte. Mit nur 18 Jahren wagte er eine Fahrradtour nach Indien. Doch sein wahrer Lebensweg begann mit dem Segeln: 1965 erwarb er sein erstes Boot, die „Kathena“. Mit diesem nicht ganz acht Meter langen Seekreuzer aus Sperrholz segelte er von 1967 bis 1968 als erster deutscher alleine um die Welt. Es war der Beginn eines Seglerlebens, in dessen Verlauf er viele teils extreme Reisen unternahm, viele bemerkenswerte Bücher veröffentlichte und ihn schließlich zu einer Legende der Segelwelt werden ließ.

Ungeliebter Pionier der Weltumsegelung

Über seine erste Weltumsegelung heißt es in Wikipedia: „421 Tage nach seiner Abreise von Gibraltar legte Erdmann am 7. Mai 1968 in Helgoland an, wo man ihm – in Anbetracht seines nur 7,62 Meter langen Bootes – die Weltumseglung zuerst nicht glauben wollte. Unter anderem durch tropischen Bewuchs am Schiffsrumpf und durch seine Logbücher konnte er seine Reise jedoch beweisen, worauf sein Boot wegen unversteuerter Einfuhr an die Kette gelegt wurde. Auch der Schlimbach-Preis wurde ihm verweigert. Das wirkt umso ironischer angesichts der Tatsache, dass der Brite Francis Chichester für seine Einhand-Weltumsegelung (1966 bis 1967) geadelt und 1967 mit einer Briefmarke geehrt worden war.“

Weitere Reisen

1969 gingen die frisch getrauten Astrid und Wilfried Erdmann mit ihrem Boot Kathena 2 auf Hochzeitsreise, eine Weltumsegelung von 1011 Tage Dauer. 1976 bis 1979 folgte eine Südseefahrt mit Astrid und ihrem anfangs dreijährigen Sohn Kym. Von 1984 bis 1985 segelte Erdmann nonstop allein in West-Ost-Richtung und in 271 Tagen um die Welt, auf der für ihn gebauten, nur sehr einfach ausgerüsteten Aluminium-Sloop Kathena nui. Den Schlimbach-Preis erhielt er auch dieses Mal nicht.

Im Sommer 1990 segelte Wilfried Erdmann mit dem Schwertzugvogel Schlei Kathena seines Sohnes 99 Tage die Ostseeküste der Deutschen Demokratischen Republik ab, als nach der Wende die innerdeutsche Grenze erstmal seit Jahrzehnten wieder geöffnet war.  Über diese Reise schrieb er das Buch Mein grenzenloses Seestück. 1995 segelte Erdmann bis an die Zwölf-Meilen-Zone des Mururoa-Atolls in Französisch-Polynesien heran, um auf diese Weise gegen die französische Atomwaffen-Versuchsserie zu protestieren.

Von 2000 bis 2001 gelang ihm nonstop und allein eine Weltumsegelung in Ost-West-Richtung, also gegen die vorherrschenden Winde, was vor ihm erst vier andere Segler überhaupt geschafft hatten. Erdmanns Reise dauerte 343 Tage, wieder mit seiner Kathena nui. Damit ist er der einzige Segler weltweit, der auf ein und demselben Boot die Welt in beide Richtungen nonstop umsegelt hat. Die ihm danach angediente Verleihung des Schlimbach-Preises lehnte er mit der Begründung ab, er habe alles erreicht und brauche nun keine Preise mehr.

Autor und Leser

Erdmanns Bücher, darunter „Die magische Route“, „Ein unmöglicher Törn“ und seine Autobiografie „Ich greife den Wind“, wurden zu Spiegel-Bestsellern und prägten Generationen von Seglern. Seine Erzählungen verbinden Abenteuerlust mit tiefem Respekt vor der Natur und dem Meer. Gleichzeitig war er ein begeisterter Leser aller Art von Literatur, auf seinen Einhandreisen hatte er stets eine gut gefüllte Bücherkiste dabei: Er habe ja unterwegs genug Muße zum Lesen, wie er einmal sagte. Bis zu seinem Tod 2023 blieb er eine prägende Figur der Segelszene, deren Werk und Leben bis heute inspirieren. Wilfried Erdmanns Reisen zeigten, dass Abenteuer und Einfachheit Hand in Hand gehen – eine Botschaft, die weit über die Segelwelt hinausstrahlt.

Buchveröffentlichungen

  • Mein Schicksal heißt Kathena. Als Einhandsegler um die Welt. (Bearbeitet von Ortwin Fink.) Oetinger, Hamburg 1970. Neuausgabe Delius Klasing, 1999 (über Erdmanns erste Weltumsegelung).
  • Tausend Tage Robinson. Das Abenteuer einer Weltumseglung. Kiepenheuer & Witsch, 1973. (über die Weltumsegelung mit seiner Frau 1969 bis 1972).
  • Gegenwind im Paradies. Segelabenteuer in der Südsee. Kiepenheuer & Witsch, 1980. Neuausgabe Delius Klasing, 2000  (über die Südseefahrt mit Frau und Sohn).
  • Der blaue Traum. Leben und Segeln in der Südsee. Kiepenheuer & Witsch, 1983. Taschenbuchausgabe Ullstein, Berlin 1987.
  • Die magische Route. Als erster Deutscher allein und nonstop um die Erde. Kiepenheuer & Witsch, 1986. 3. Auflage Delius Klasing, 2001 (über die Nonstop-Weltumsegelung 1984/1985).
  • Segeln mit Wilfried Erdmann. Ansichten und Erfahrungen eines Weltumseglers. Kiepenheuer & Witsch, 1988. 4. Auflage Ed. Maritim, Hamburg 2004.
  • Mein grenzenloses Seestück. Segeln in Mecklenburg und Vorpommern. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1991. Neuausgabe Delius Klasing, 1997.
  • Ostsee-Blicke. Ein Segelsommer mit „Kathena 7“. Delius Klasing, 1994; 3. Auflage: Ein deutscher Segelsommer. Delius Klasing, 2004.
  • Ein unmöglicher Törn. Transatlantik mit GATSBY und Gewinnern. Delius Klasing, 1991. Neuausgabe 1996.
  • Nordsee-Blicke. Eine Segelreise im Gezeitenmeer. Delius Klasing, 1997. Neuauflage 2006.
  • Die Skandinavische Acht.
  • Kathena und mein Logbuch nach Norden.
  • Allein gegen den Wind. Nonstop in 343 Tagen um die Welt. Delius Klasing, 2002. Neuauflage 2004.
  • Segelzeit – Reiseaufzeichnungen aus nah und fern. Delius Klasing, 2006.
  • Ein deutscher Segelsommer. Delius Klasing, 2007.
  • Von der Wüste und vom Meer. (zusammen mit Achill Moser), Hoffmann und Campe, Hamburg 2012.
  • Ich greife den Wind. Erinnerungen. Delius Klasing, 2014.
  • Ich bin auf See. Mein Bild vom Segeln. Delius Klasing, 2021.
  • Ingeborg und das Meer: Die erste deutsche Frau, die allein über den Atlantik segelte, Delius Klasing, Bielefeld 2023.

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