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Go Small. Go Simple. Go Now: Fahrtensegeln

Kleine Boote sind wunderbar und exzessiver Luxus überflüssig. Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten und diese haben immerhin den Vorteil, dass bei manchen nunmehr ein Nachdenken einsetzt über alle möglichen Dinge des Lebens. So auch über große und kleine Boote. Meine Sympathien sind dabei eindeutig, schon lange vor dieser „Krise“: Klein ist schön. Megayachten sind überflüssig. Ein wenig von „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“. Nun ja, die Zeiten, sie sind so, man denkt halt mal wieder extrem.

Fahrtensegeln mal einfach

Damit das alles nicht völlig ausufert hier ein kleiner Text über kleine Boote aus einer Zeit, in der wir wirklich noch einfach in ein Boot steigen und los segeln konnten. Wie wunderbar war das! Und: Wie wunderbar wird das, hoffentlich, bald wieder sein.

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Go small, go simple, go now. Wenn du segeln willst, fahrtensegeln, dann: Klein. Einfach. Jetzt. Eine wunderschöne, weil so romantische Idee. Sie wurde von Lin und Larry Pardey, die ursprünglich aus Kalifornien kamen aber dann, an Bord ihrer kleinen Yacht, in der ganzen Welt zuhause waren, vorgelebt. Ich traf die beiden ein einziges Mal, in Southampton. In der Town Quay Marina gab es ein schwimmendes Dorf von bewohnten Booten, wo Sabine und ich damals auf unserem kleinen Gaffelkutter lebten. Lin und Larry, gerade von was auch immer welchem Kontinent angesegelt gekommen, ankerten draußen. Und kamen mit ihrem Beiboot an Land. Sie haben über 200.000 Seemeilen gemeinsam gesegelt, die Erde in beiden Richtungen mehrfach umrundet, alle großen Kaps des Südens. Keins ihrer zwei Boote war länger als neun Meter, und keins hatte einen Motor.

Abenteuer Fahrtensegeln

Der norwegische Abenteurer Jarle Andhøy hat das noch etwas extremer betrieben. Mit einer acht Meter kurzen Albin Vega mit dem passenden Namen „Berserk“ segelte er bis nach Patagonien. Und weiter, von dort über die Drake Passage in den eisigen Süden und zurück. Für alle, die das nicht wissen: Das ist das wildeste Stück Ozean, den unsere Welt zu bieten hat. Zwischen Kap Horn im Norden und der Antarktischen Halbinsel im Süden, wo die Stürme toben und nur die Albatrosse zuhause sind.

Es ist schon erstaunlich, was man mit kleinen Booten alles so anstellen kann. Worauf also warten. Go small, go simple, go now: Jetzt leben. Wer weiß, ob es die Welt morgen oder übermorgen überhaupt noch gibt. Jedenfalls nicht so, wie wir sie jetzt kennen.

Kleines Boot macht großes Abenteuer. Das kann positiv, aber auch negativ sein, je nach Boot. Und Charakter der Abenteurer. Oder Weicheier. Nicht jeder würde gerne das erleben, was Jarle auf seinem Antarktis-Abenteuer auf der winzigen Albin durchgemacht hat.

Muss man ja auch nicht. Freiheit heißt, selbstbestimmt entscheiden zu können. Losfahren oder bleiben. Seenomade oder Sesshaft. Links oder Rechts. Man muss nur wissen, was man will. Wenn man das nicht weiß, kann man auch abwarten. Das Leben, vielleicht auch das Universum entscheiden lassen. Oder die Partnerin oder den Partner.

Und man kann sich für das Fahrtensegeln auch bewusst für eine kleines Boot entscheiden. Downsizing heißt, glaube ich, der Fachausdruck dazu. Wer sich, wie auf den Werbefotos so eindrucksvoll dargestellt, alleine auf seiner 100-Meter Wally-Yacht trotz feiner Klamotte und wehender Silbermähne etwas einsam vorkommt, darf von der gleichen Marke auch einen winzigen, gerade mal 15 Meter langen Daysailer kaufen. Der kostet dann vermutlich auch in etwa so viel wie das Bruttosozialprodukt eines kleineren Landes, aber ums Geld geht es ja auch gar nicht.

Denn auch das ist sicher: Kleine, einfache Boote sind segeln pur. Fühlen, spüren, riechen, schmecken wenn ich auf dem Wasser bin. Keine Heizung? Pah – ich segele nach Süden! Kein Kühlschrank? Brauche ich nicht, warmes Bier schmeckt auch, den Weißwein oder Rosé kann ich an langer Leine außenbords kühlen oder in nasse Handtücher gewickelt durch Verdampfungskälte. Will ich segeln? Oder an Bord so tun, als wäre ich an Land? In einer Hotellobby, oder einer Villa?

Robin Knox-Johnston sagte einmal auf die Frage, was das Segeln ihm bedeute: „Es geht um Freiheit. Auf dem Boot, an Bord, bin ich der Boss. Ich entscheide, wohin ich segele. Nur mit dem Wind. Ich beschäftige mich mit der Natur. Das kann zuweilen hart sein, aber es ist ehrlich. Und sehr befriedigend!“

Berühmt wurde er, als er 1969 als erster Mensch nonstop und alleine um die Welt segelte – mit seiner selbst gebauten, nur 9,7 Meter langen und natürlich extrem einfach ausgestatteten „Suhaili“.

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Meine Bücher

Detlef Jens – Im Kielwasser des Geldes. Ein Segel-Krimi aus Hamburg
Detlef Jens – Gefährliche Gezeiten. Ein Segel-Krimi aus der Bretagne
Detlef Jens – Black Jack. Ein Segel-Krimi
Detlef Jens – Hafenjahre, Leben an Bord
Detlef Jens - Land's End. Ein Segelbuch über das Leben an Bord

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