Amity Gaige: Unter uns das Meer

Juliet lebt mit ihrem Mann Michael und ihren zwei Kindern eine äußerlich vollkommen durchschnittliche amerikanische Vorstadtehe mit den traditionellen Rollenmustern. Er arbeitet viel und lange und träumt von einem anderen Leben, sie schiebt den Abschluss ihrer Dissertation immer wieder vor sich her und gibt schließlich ganz auf, um Ehefrau und Mutter zu sein. Noch ein Klischee: Sie ist Literatur-Studentin, begeistert von Lyrik, und der praktische Sinn und Zweck von Lyrik wird hier durchaus, und nicht nur von ihr, in Frage gestellt.

Immerhin schafft Michael es, seinen Traum vom Segeln als Lösungsweg aus ihrer kriselnden Ehe anzupreisen und so willigt Juliet, wenn auch nicht ohne Zweifel, schließlich darin ein, ein Segelboot zu kaufen und ein Jahr lang segeln zu gehen.

Ungewöhnlich, aber auch nicht ganz neu ist die Erzählstruktur. Mal lesen wir Passagen, die aus ihrer Sicht geschrieben sind, mal solche – meist Logbucheinträge – von ihm. Das alles eher fragmentarisch und zeitlich nicht gerade chronologisch, was, wie man jetzt denken könnte, für die lesenden verwirrend sein könnte. Aber das ist durchaus eine Stärke dieses Romans, dass wir uns trotzdem leicht darin zurechtfinden können.

Unter uns das Meer – und mit an Bord unsere Probleme…

Dann ist da die alte Idee: Wir segeln mal weg und lösen damit alle unsere Probleme. Das Wegsegeln an sich ist ja eine wunderschöne Sache, doch nur dann, wenn man mit einem positiven Mindset startet. Mitgeschleppte Probleme hingegen lösen sich unterwegs und an Bord meist nicht auf, sondern verschärfen sich eher, und man kann dem dann auch nicht mehr so einfach ausweichen, wie es an Land möglich wäre. Auch und gerade in einer kriselnden Ehe.

Dennoch packt einen das Buch, es lebt von einer unterschwelligen Spannung, die im ersten Teil clever aufgebaut wird und sich im zweiten Teil dann folgerichtig steigert, bis hin  zum dramatischen Finale in der Karibik. Obwohl mir beide Figuren, Michael wie seine Frau Juliet, niemals wirklich ans Herz wachsen, ihre gemeinsame Geschichte will man dann doch erfahren. Michasel, Typ „einsamer Wolf“ und „ich-mach-das-schon“ Kerl der an die Macht der Starken und der Macher glaubt (Republikaner, eben!), bekommt seinen großen Lebenstraum letztendlich nur durch einen Betrug an sich, seiner Frau und einem alten Yachtmakler geregelt. Und Juliet, die als einerseits verkopfte, andererseits auch stellenweise willensstarke Frau geschildert wird, die allerdings unter Depressionen leidet die ihr zunehmend zu schaffen machen. Beide haben obendrein wenig Segelerfahrung. Michael segelte als Kind mit seinem Vater auf einem Binnensee, Juliet begleitete ihn auf dem See in paarmal und hat sonst keinerlei Ahnung von Booten.

Im realen Leben wäre das sicher schon mal keine ideale Voraussetzung für eine glückliche Reise, allerdings gibt es ja tatsächlich diejenigen, die mit „lerning by doing“, manchmal wohl auch eher „learning by surviving“ allmählich zu ihren Seebeinen finden. Auf Juliet trifft das letztendlich dann auch zu. Überhaupt wird das Leben als segelnde Familie ganz gut beschrieben, auch wenn die Schilderung einzelner Situationen beim Segeln leider schlichtweg daneben sind. Das allerdings lässt sich überlesen, dies ist kein Segelbuch, das Thema ist schließlich ein ganz anderes.

Was also ist das Fazit? Vielleicht kann man es so sagen: Das Buch „Unter uns das Meer“ ist so vielschichtig und ambivalent, wie die darin beschriebene Beziehung von Juliet und Michael. Und von daher also durchaus lesenswert!

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