Die Flensburger Förde und der sich daran anschließende Alsensund sind ein wunderbares, geschütztes aber vielfältiges Revier. Taugt es auch für einen kulinarischen Genusstörn? Machen wir einen Versuch.
Das heimliche Grab der Königin. Margrethe I von Dänemark verstarb im Oktober 1412 auf einem Schiff in der Flensburger Förde an den Folgen der Pest. Und sie soll auf der großen Ochseninsel beigesetzt worden sein. Dieses Gerücht entstand, als man im 19. Jahrhundert ein altes Grab fand, wo zuvor nur Vieh weidete. Als man es entdeckte, gab es auf der Insel bereits einige Bewohner und auch eine kleine Bootswerft.
Hätte die Königin sich die Insel als letzte Ruhestätte ausgewählt, man könnte es verstehen. Heute ist das Eiland wieder in den Ursprungszustand von damals versetzt worden. Ein kleiner Strand, Weiden, Gebüsch, Bäume. Sonst nichts: Zurück zur Natur.
Und nur einen Steinwurf entfernt, am Ufer des Festlandes, befindet sich der legendäre „Hot-Dog-Havn“. Annies Kiosk ist seit vielen Jahren beliebt, die roten Würstchen in den pappigen Brötchen sind zwar nicht besser als anderswo, die Lage jedoch macht‘s. Am Wasser, beim Strand, Blick auf Förde und Ochseninseln, so wurde die Imbissbude zum Massenmagnet. Immerhin kann man, je nach Wasserstand, mit 1,5 Meter oder auch etwas mehr Tiefgang an der Brücke vor der Bude anlegen, von der bis vor etwa einem Jahr noch die kleine Fähre zur Großen Ochseninsel übersetzte.
Kulinarische Highlights sehen anders aus, und sie schmecken anders. Sind aber auch hier zu finden, ein paar hundert Meter weiter in einer schönen alten Villa, deren Garten ebenfalls bis zum Wasser der Förde herab reicht. „Restaurant Bind“ steht, diskret, auf einem kleinen Messingschild an der Straße, als sei dies eine Bank oder eine Arztpraxis. Spitzenkoch Christian Bind, der schon vor Jahrzehnten der Liebe wegen vom Elsass in die damalige gastronomische Wüste Dänemark wechselte, hat sich hier ein wunderbares Refugium erschaffen. Geschätzt wurde es auch von seinem guten Freund Siegfried Lenz, der nicht weit entfernt auf der Insel Alsen ein Sommerhaus besaß. Zu Lebzeiten aß Lenz oft und gerne hier, auch feierte der Witwer seine zweite Hochzeit im schönen Garten an der Förde. Heute erinnert ein Siegfried Lenz Zimmer im ersten Stock der Villa an den großen, vielfach ausgezeichneten Schriftsteller. Das Arbeitszimmer wirkt, als würde Lenz jeden Moment hereinspazieren und sich über sein Manuskript hermachen.
Dies alles liegt noch fast in Sichtweite der Stadt Flensburg. Die Entfernungen im nördlichsten Segelrevier Deutschlands sind kurz, die Vielfalt ist überraschend. Ein reges Kleinstadtleben in Flensburg, aber auch in Sønderborg wechseln sich ab mit etlichen Häfen und geschützten Ankerplätzen in schöner Natur. Kultur und Kulinarik gibt es in der alten Seefahrerstadt am Ende der Förde durchaus. Essen kann man am historischen Hafen, in der „Hafenküche Seemannsheim“ direkt neben dem Schifffahrtsmuseum, oder in der etwas schickeren Marina Sonwik außerhalb der Stadt. Sollten sich dort Sehnsuchtsgefühle nach dem Mittelmeer einstellen, keine Sorge. Direkt auf der Pier ist einer der besseren Italiener des Nordens, das “Odore del Mare“. Und einige Stufen weiter den Hang an der Landseite hinauf wartet das iberische Restaurant „La Vela“.
Gestärkt kann man sich also auf den Törn ins, naja, nicht wirklich Ungewisse machen. Weit muss man nicht segeln, schon nach wenigen Meilen liegt Glücksburg, gegenüber der Ochseninseln, auf der deutschen Seite der Förde. Festmachen kann man im gemütlichen, auch großen Hafen des Flensburger Segel Clubs, gut essen im Strandhotel. Oder im kleinen Ableger davon, einem sympathisch unkomplizierten Strandbistro. Beides ist nur einen kurzen Spaziergang auf der neuen Uferpromenade vom Yachthafen entfernt.
Kaum sind die Segel oben, ist man schon bei der nächsten kleinen Oase. Marina Minde ist ein freundlicher Yachthafen auf der dänischen Seite der Enge bei Holnis. Das Restaurant Vaerftet ist direkt am Hafen. Mit einer ordentlichen Küche und schönen Terrasse, entsprechend beliebt und oft ausgebucht ist es denn auch. Nur ein paar Meilen weiter käme man dann, diesmal wieder am deutschen Ufer, zum idyllischen Yachthafen von Langballigau. Hier wartet der „Odinfischer“. Ein Geheimtipp, der natürlich schon lange keiner mehr ist. Eine Fischbude mit eindeutigen Standortvorteil, direkt am Gaststeg gelegen. Und der Fisch, weiß der Himmel aus welchen Gewässern er stammt, ist wirklich gut. Geräuchert, gebraten, im Brötchen oder als ganzes Gericht. Entsprechend groß ist an sonnigen Sommerwochenenden auch der Andrang.
Restaurant „Værftet“, Marina Mine
Beim „Odinfischer“ in Langballigau
Bei frischem Ostwind wird es hier, auf der Außenförde, schon ein wenig ruppiger als in der sehr geschützten Innenförde. Weit ist es aber wieder einmal nicht, diesmal nach Sønderborg. Eine quirlige kleine Hafenstadt mit einem Backsteinschloss direkt in der Einfahrt, die regelmäßig von der Königin in ihrer schmucken weißen Staatsyacht besucht wird. Festmachen am besten an der Stadtpier vor der Klappbrücke, auch wenn man dort öfter mal im Päckchen liegen muss. Direkt am Hafen gibt es dafür das französisch angehauchte Bistro „Grand Mere“, wo man beim Essen gewiss nicht leiden muss. Auch nicht schlecht ist das eher italienisch orientierte Bistro „Torvehallen“, ebenfalls an der Wasserkante, jedoch nördlich der Klappbrücke.
Diese öffnet tagsüber etwa alle Stunde und gibt dann den Weg frei in den schmalen Teil des wirklich idyllischen Alsensundes. Egal, wie sehr es draußen stürmt, das Wasser hier ist immer so glatt wie auf dem Ententeich. Einige Ankermöglichkeiten vor allem im nördlichen Teil gibt es, zum Beispiel vor dem Dorf und Wald von Sottrupskov. Wer allerdings weiter segelt, und bei Snogbaek Hage nach E abbiegt – die Untiefentonne sollte beachtet werden! -, der kommt bald am romantischen Ballebro Faergekro vorbei. Hier verkehrt auch eine lustige kleine Autofähre zwischen dem Festland bei Ballebro und der Insel Alsen. Beim Kro gibt es einen kleinen Bootshafen, gleich neben dem Fähranleger, doch der ist nur für wirklich kleine Boote geeignet. Leider, denn den „Fährkrug“ muss man dann doch eher über Land ansteuern. Oder, bei ruhigem Wetter, vor der Tür ankern.
Die Gastwirtschaft steht an dieser Stelle schon seit 1729. Der Kro ist zwar modernisiert und renoviert, erinnert aber an vergangene Zeiten und ferne Gegenden. Nur wenige Meter unterhalb der Veranda schwappt das Wasser des Fjords ans Ufer. Diese Veranda im kolonialen Stil, die zum Faulenzen in bequemen Deckchairs einlädt. Und zum Lesen und Träumen: Fast könnte man sich hier bei Conrad oder Somerset Maugham wähnen, an Deck mit dem Verdammten der Inseln oder mittendrin in der Südseeromanze. Der Als Fjord wird dann wahlweise zur Straße von Malacca, zum Chinesischen Meer oder auch zum stillen, bedrohlichen Dschungelfluss, an dessen wuchernden Ufern Allmayer seinen Wahn auslebt. Und Batavia liegt gleich rechts um die Ecke, Richtung Augustenborg…
Handfester als solche Träumereien ist die Küche im Kro, neu-dänisch und französisch angehaucht von feinster Qualität. Ebenso, wie im Dyvig Badehotel, fast schräg gegenüber auf Alsen, im perfekt geschützten Naturhafen von Dyvig. Hier hat man sogar die Wahl zwischen dem erstklassigen Gourmetrestaurant oder dem entspannten, kaum weniger guten Bistro. Als ich einmal alleine dorthin gesegelt war, hatte die nette Frau, die serviert, vergessen mein Essen in der Küche zu bestellen und sagte das auch so, als es doch sehr lange dauerte. Das machte mir nichts, ihr dagegen war es peinlich und sie schenkte mir eine zweite Flasche Wein, auf Kosten des Hauses. Eine nette Erinnerung.
Zum Abschluss dieses kleinen Genießertörns könnte man noch in das zauberhafte Augustenborg segeln. Eine historische Herzogsstadt mit modernem Yachthafen und einem Hotel am Wasser, das den morbiden Charme der 1970er Jahre ausstrahlt, oft so typisch für die dänische Provinz. Entsprechend ist auch das Essen, nicht wirklich schlecht, nur nicht besonders raffiniert oder einfallsreich. Hier wäre Kochen an Bord vermutlich die bessere Alternative, einkaufen kann man im Dorf, wo es einen guten Bäcker, ebensolchen Schlachter und einen kleinen, verstaubten „Supermarkt“ gibt. Wunderbar ist der ausgedehnte Spaziergang durch den Wald und den Schlosspark. Dort steht eine Eiche, unter der Hans Christian Andersen einige seiner schönen Märchen verfasst haben soll. Vielleicht sollte ich mich zum Schreiben auch dort niederlassen…
Liste der Häfen und Restaurants. Fast überall ist eine frühzeitige Reservierung unbedingt ratsam.
Flensburg Stadthafen:
Hafenküche – 0461-40717797. Montag geschlossen, Küche bis 22 Uhr.
Flensburg Sonwik:
Odore del Mare – 0461-3155141, täglich 11 bis 22.30 Uhr.
La Vela – 0461/3136162, Dienstag bis Sonntag 17:30 bis 22:00 Uhr
Glücksburg:
Restaurant Felix im Strandhotel Glücksburg – 04631-61410 , Mongtag bis Sonntag 12 bis 14 und 18 bis 21.30 Uhr.
Strandbistro Sandwig – 04631 6141-490, ab Mitte des Jahres wieder täglich von 12 bis 21.30 Uhr geöffnet.
Marina Minde:
Restaurant Vaerftet – +45-24238133, täglich ab 17 Uhr mit “After Sail“, kleinen Snacks, und natürlich der kompletten Karte. Wochenende ab 12 Uhr.
Langballigau:
Odinfischer – 04636 9796542
Sønderborg:
Grand Mere – +45- 40411185
Torvehallen – +45-73709999, täglich 11 bis 23 Uhr, Freitag und Samstag bis 24 Uhr
Ballebro:
Ballebro Faergekro – +45-74461303, Restaurant Donnerstag bis Samstag 18 bis 22 Uhr, Küche bis 21 Uhr. Andere Tage nach Absprache.
Dyvig:
Dyvig Badehotel – +45-7316 4300, Restaurant und Brasserie täglich bis 21.30 Uhr
Augustenborg:
Fjordhotel – +45-74471222, Restaurant Montag bis Samstag 11 bis 20 Uhr.