Die Memoiren von Yachtdesigner Ron Holland
Sag einfach: Ja! Ein ebenso einfaches wie, vielleicht, geniales Lebensmotto. Vertraue auf Dich und Deine Intuition und Fähigkeiten, sage „ja“ wenn sich neue Gelegenheiten ergeben und schau, wie die Dinge sich entwickeln. So in etwa hat er nicht nur gelebt und tut es noch, intuitiv und aus dem Bauch heraus, so in etwa hat er wohl auch seine vielen berühmten und erfolgreichen Yachten entworfen. Dies ist das Buch dazu, ein großes buntes Buch (in englischer Sprache) über ein großes, buntes Leben. Das wirklich ungewöhnliche Leben von Ron Holland: Segler, Herumtreiber, Yachtdesigner.
Geboren (1947) und aufgewachsen ist er in Neuseeland, wo sein Bruder und er schon als kleine Jungs zu segeln begannen: Sein Vater schenkte ihm eine kleine Segeljolle zu seinem 7. Geburtstag. Schon mit 15 war er regelmäßig Crewmitglied auf Neuseeländischen Rennyachten, bald darauf begann er eine Bootsbauerlehre. Seine Ausbilder erkannten jedoch sein Designtalent und förderten diese Seite in ihm. Mit 18 und ohne formelle Ausbildung, die er bis heute nicht hat, konnte er sein erstes Boot entwerfen. Etwa um diese Zeit segelte er auf einer kleinen Rennyacht über den Pazifik nach Hawaii, zur Crew gehörte neben ihm selbst auch sein Freund und späterer Konkurrent, Doug Peterson. Schließlich konnte Ron eine Stelle als Trainee bei dem amerikanischen Yachtkonstrukteur Gary Mull in San Francisco antreten. Vor allem lernte er hier auch Yachtbesitzer und Skipper kennen und segelte und segelte, Regatten, wie verrückt.
Sein Durchbruch als Designer kam, nachdem er 1973 in Europa mit einem kleinen, von ihm selbst entworfenen und gebauten Boot namens Eygtheneden IOR-Vierteltonner-Pokal gewann. In der Folge bekam er von dem irischen Segler und Unternehmer Hugh Coveney den Auftrag, einen IOR-Eintonner zu entwerfen. Ron und seine erste Frau, die zu diesem Zeitpunkt an Bord ihres winzigen Regattabootes in England lebten, zogen daraufhin nach Irland – wo Ron Holland 40 Jahre leben würde. Noch keine 30, feierte Ron Holland mit seinen Regattayachten in den 1970er Jahren riesige Erfolge und baute sehr schnell ein großes Designbüro mit etlichen Angestellten in Irland auf. Dort wurden viele bis heute berühmte Yachten entworfen, darunter Golden Apple, Silver Shamrock(die, mit Ron an Bord, im Fastnet-Rennen von 1979 wie viele andere Yachten auch im Orkan das Ruder verlor und von der Crew aufgegeben werden musste) und, vor allem, Imp.
Langhaarig, in Cowboystiefeln und die Taschen voller Geld, so jetteten Ron Holland und sein Co-Designer, Butch Dalrymple-Smith, in jenen Jahren in der Weltgeschichte umher um Kunden zu besuchen, Regatten zu segeln oder den Bau einer der vielen von ihnen kreierten Yachten zu inspizieren; in Neuseeland ebenso wie in England oder Amerika. In ihrem Designstudio ließen sich die Hobbymusiker bei der Arbeit oft von lauter Rockmusik inspirieren und als ihnen die Fliegerei in Linienmaschinen zu mühsam und zeitraubend wurde, kauften sie eben ihr eigenes Flugzeug und heuerten einen Piloten an. Mit der Rezession in den 1990er Jahren jedoch kam der geschäftliche Absturz und Ron, der sich nie groß ums Geld gekümmert, es aber immer mit vollen Händen ausgegeben hatte, musste für seine Firma sogar Konkurs anmelden.
Bald ging es allerdings auch wieder aufwärts, es war nun der Beginn der Megayacht-Ära. Ron Holland war auch hier ganz vorne und quasi als einer der Pioniere mit dabei; als erster entwarf er 1986 eine Segelyacht von mehr als 100 Fuß Länge und Anfang der 2000er Jahre, mit der spektakulären Mirabella V, auch die – bis heute – mit 76 Meter Länge größte Sloop der Welt.
Dieses Buch ist auch deswegen so vergnüglich zu lesen, weil es sehr persönlich und zuweilen witzig ist und weil es auch nichts beschönigt. Relativ offen schreibt Ron Holland hier eben auch über seine recht laxe Geschäftsführung und die auch daraus resultierende Pleite, sowie über das Scheitern zweier Ehen, was ihn offenbar sehr belastet hat. Lustiger sind die zahlreichen Segelanekdoten aus seinem auch in dieser Hinsicht prallvollen Leben. Wer noch die Zeiten der IOR-Formel und die Anfänge der Maxi-Yachten miterlebt hat, wird hier manches wiedererkennen, oder vielleicht auch späte Einsichten erhalten.
Immerhin spiegelt sein Leben die Yachtgeschichte von den 1970ern bis heute. Als einer der maßgeblichen Designer hat Ron Holland die Entwicklung von Segelbooten in dieser Zeit beeinflusst, wie höchstens noch sein Freund und Konkurrent Doug Peterson oder etwas später, sein Landsmann Bruce Farr. Vor allem aber waren es eben Ron Holland und Doug Peterson, die in den 1970ern quasi das Designzepter von den anerkannten Größen, allen voran Olin Stephens, übernahmen.
Ron Holland hat fast alles gesegelt, vieles davon selber entworfen, für berühmte Menschen mit denen er auch Freund wurde – Ted Heath, Rupert Murdoch, Prinz Rainer von Monaco, Simon Le Bon, viele andere. Ein bewegtes Leben in jeder Hinsicht. Geboren in Neuseeland und dort aufgewachsen, lebte er zunächst in den USA, schließlich 40 Jahre lang in Irland und nun, seit einigen Jahren, in Vancouver. Er hat vier Töchter aus zwei Ehen und diverse Enkelkinder. Aktiv als Designer und als Segler (jetzt vor allem zum Vergnügen, wie er beteuert) ist er immer noch. Obwohl er selber nie eine Universität besucht hat, wurde er vor einiger Zeit von der University of Auckland eingeladen, den neuen Studiengang „Master of Engineering Studies in Yacht Engineering“ mit zu gestalten und dort auch Vorlesungen zu geben.
Denn auch ohne Uni-Abschluss oder Ausbildung hat der Yachtdesigner und Segler Ron Holland nach 40 turbulenten und meist erfolgreichen Jahren wirklich viel Wissen weiterzugeben. Und, wie sich an diesem lesenswerten Buch zeigt, auch sehr viel zu erzählen!