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Nördlich der Sonne

Eine Bucht am Ende der Welt. Ein dunkler und langer Winter hoch im Norden. Dramatische Landschaft, schroffe Berge, hohe Wellen – letztere ideal zum Surfen. Zwei junge Männer die am Strand hausen. In einer Hütte, die sie aus Treibholz und angespültem Müll bauten. Sie ernähren sich von den Resten der Wegwerfgesellschaft, die es selbst hier noch, auf den Inseln nördlich des Polarkreises, gibt: Von abgelaufenen Lebensmitteln, die der Supermarkt sonst wegwerfen würde. Der übrigens nur gut eine Stunde Fußmarsch über einen Berg, durch Schnee und Eis entfernt ist. Am Ende bleiben die beiden neun glückliche Monate hier. Dieser fantastische Film begeistert Zuschauer rund um die Welt – und so ist er entstanden: Inge Wegge und Jørn Ranum im Literaturboot-Interview.

Literaturboot: Wie kam es zu dieser verrückten Idee, Wintersurfen nördlich des Polarkreises?

Das kam durch die Bucht. Wir waren in dieser Bucht um zu sehen, ob es hier zum Surfen geeignete Wellen gibt. Dann sahen wir das ganze Treibholz und vor allem den Müll, der hier herum lag. Ein furchtbarer Gedanke, wie viel Müll im Meer treibt und an Land gespült wird! Dann sahen wir jedoch auch die Möglichkeiten: wie cool es wäre, daraus ein Haus zu bauen und einige Zeit an diesem wunderschönen Ort zu leben! Die Idee entstand also zunächst aus dem Ort, dem Meer, dem Müll. Filmen und fotografieren sind aber die Dinge, mit denen wir uns am meisten beschäftigen (beide sind Studenten an einer Filmhochschule in Nordnorwegen) also war es für uns ganz natürlich, die Kameras mitzunehmen und das alles zu filmen. Anfangs wollten wir keinen echten Dokumentarfilm drehen, nur unsere Erlebnisse für Freunde und Familien festhalten und vielleicht einen Kurzfilm zu einigen Festivals schicken. Wir haben wirklich nicht gedacht, dass der Film am Ende überall in der Welt gezeigt werden würde – aus einer kleinen Idee ist etwas Großes geworden. Wir selbst haben es eigentlich auch nur für uns selbst gemacht.

Wie habt ihr die Bucht ausgewählt?

Diese Bucht hatte alles, was wir wollten: Eine wundervolle Schönheit, viel Treibholz und natürlich großartige Wellen zum Surfen! Wir haben niemals verraten, wo genau sie liegt. Wir möchten, dass die Leute ihre eigenen Ideen entwickeln und ihre eigenen Abenteuer erleben, nicht nur unseren folgen. Außerdem fühlten wir uns beim ersten Mal dort am Strand wirklich, als hätten wir diese Bucht entdeckt. Man kann über sie in Reiseführern oder anderen Büchern nichts finden und das Gefühl, selbst etwas entdeckt zu haben ist einfach großartig. Dieses Gefühl möchten wir auch für andere bewahren.

Wie weit weg vom nächsten Nachbarn wart ihr dort?

Zwischen uns und einem kleinen Fischerdorf lag ein Berg. Im Sommer etwa eine Stunde zu Fuß – im Winter wesentlich mehr!

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Wie lange wolltet ihr ursprünglich bleiben?

Zuerst nur bis Weihnachten aber dann ging es uns dort so gut dass wir noch etwas länger bleiben wollten – am Ende waren wir bis Ende Mai dort.

Was war der schönste Moment, welcher der schlimmste?

Das ist schwer zu entscheiden, je nachdem, wie man es sieht. Eine der größten Herausforderungen war es, genug Feuerholz zu haben. Das schwierigste vielleicht, Freunde und Familie zu vermissen. Und frisches Gemüse! Das allerbeste war die ganze Erfahrung an sich. Eine lange Zeit im Kopf frei zu sein. Das übliche Alltagsleben zu vergessen und sich stattdessen auf einfache Herausforderungen zu fokussieren. Das einfache Leben!

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Wie habt ihr dort gelebt – essen, schlafen, waschen?

Von Tag zu Tag. Bevor wir irgendetwas tun oder planen konnten, mussten wir erst das Wetter betrachten. Auch das ist schon eine wunderbare Art, zu leben! Wir lebten von abgelaufenen Lebensmitteln, die der Supermarkt sonst vernichtet hätte. Wir hatten keine Uhr also wussten wir nie, wie spät es war. Wir gingen schlafen wenn wir müde waren und wachten auf wenn wir genug geschlafen hatten. Es gab natürlich keine Dusche oder so etwas, wir wuschen uns im Meer oder in dem kleinen Bach dicht neben unserer Hütte. Unser Leben war voll mit den verschiedenen Dingen, Holz hacken oder Snowboarden oder Surfen…

Was macht ihr jetzt, was habt ihr vorher gemacht?

Wir waren beide auf der Filmhochschule und jetzt arbeiten wir beide im Filmgeschäft. Wir versuchen, das Filmen mit möglichst vielen Aktivitäten in der Natur zu verbinden. Inge macht viele Outdoor-TV-Shows, an anderen Projekten arbeiten wir zusammen.

Rückblickend – würde ich das noch einmal so machen?

Beide: JA!

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Hat euch diese Zeit irgendwie verändert?

Ich glaube wir haben gelernt, die einfachen Dinge im Leben mehr zu schätzen. Und was in unseren Leben wichtig ist und was nicht: „Ein reiches Leben mit einfachen Mitteln!“ Vielleicht sind all diese Telefonate und E-Mails am Ende doch überflüssig?

Was sind eure nächsten Projekte?

Inge: Ich war mit meinen Brüdern zwei Monate auf der Bäreninsel und jetzt schneiden wir gerade den Film, er wird im Herbst zu sehen sein. Auf der Insel haben wir uns nach den Wellen umgesehen, waren aber auch auf Skiern und Snowboards unterwegs. Mein größte Projekt ist meine kleine Tochter, seit zwei Monaten!

Was sind eure Ziele im Leben?

Ich glaube einfach so viel wie möglich von der Natur zu erleben und zu genießen und dabei versuchen, auch andere Menschen zu inspirieren diese Schönheit einfach einmal zu erkennen und zu überlegen, was können wir tun um sie zu erhalten?

Seid ihr jemals zu eurer Hütte am Strand zurück?

Ja, die Hütte ist noch da und sie ist offen für jeden, der sie findet. Die Leute nutzen sie, schlafen darin und es ist anscheinend ganz beliebt, dorthin zu wandern. Das dritte Gästebuch ist schon voll geschrieben! Es ist auch für uns ein gutes Gefühl, dorthin zurück zu kommen, ganz besonders im Winter. Dann ist man dort mit seinen Gedanken allein. Wir versuchen, mindestens vier Mal im Jahr dorthin zu kommen.

 

Hier kann man den Film kaufen.

 

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