Wen man nicht so alles auf den Stegen von Yachthäfen trifft. Dabei erlebt man ja immer mal wieder nette Überraschungen und kommt mit Menschen zusammen, mit denen man gewisse Ideen und Leidenschaften teilt. Hier spreche ich mit Mac, einem Segler, der wie ich Bücher liebt und der deswegen gerade erst im Januar einen Buchverlag gegründet hat: Kontrabande. Ein interessantes Projekt „in the making“, welches wir unbedingt im Auge behalten werden.
Hier stellt Mac sich erstmal kurz selber vor: „Geboren bin ich in Köln, eine richtige Pflanze des Kwatier Lateng, und das immer noch. 61 geboren und in der Altstadt groß geworden, sogar im Dom getauft – das hat aber nichts gebracht! Später, als ich größer war, bin ich in die Werbung gegangen, die Sachen davor, als Aufnahmeleiter bei der „Lindenstraße“, „Eurocops“ und „7. Sinn“ muss man, glaube ich, nicht erwähnen. Die Werbung habe ich dann bis so vor drei, vier Jahren gemacht, und dann wollte ich eigentlich auf Langstrecke segeln gehen …”
Das fand aus verschiedenen Gründen dann leider nicht statt, Corona, und ein paar andere Dinge mehr. Die Verlagsgründung wurde durch eine weitere Stegbekanntschaft angestoßen: „Damals habe ich mich viel mit Gerd unterhalten“ – ein deutscher Liveaboard, der auf einem kleinen Katamaran lebt – „und der hat dann erzählt, er habe ja auch mal ein Buch geschrieben. Gerd ist ein unglaublich netter Kerl, und wenn du den mal antippst, dann kommen immer wieder irgendwelche Sachen dabei heraus: ‚habe ich dir erzählt, dass ich Bogenschießen unterrichtet habe, habe ich dir erzählt, dass ich eine Leichtflug-Lizenz hatte‘, ja und dann hat er jahrelang in La Rochelle in Frankreich Boote gebaut. Und eben auch mal ein Buch geschrieben. Das ist schon eine ganze Weile her, in den 1970er Jahren, immerhin hatte er damals sogar einen Jugendbuchpreis bekommen. Da haben wir beschlossen, das Buch einfach mal wieder neu zu verlegen.“
So kam es zu dem Verlag: „Ein einzelnes Buch herauszubringen, ist ja irgendwie doof, daher dachte ich, kleben wir mal einen Verlag drumherum! Also kann ich ja auch mal versuchen, was zu schreiben. Und so sind ein paar Bücher entstanden, einige Übersetzungen kamen hinzu. Und das läuft jetzt alles so ganz langsam an.“ An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass man das aktuelle Programm und einiges mehr natürlich auf der Webseite des Verlages sehen kann.
Gibt es denn einen Themenschwerpunkt? Es gibt ja schon einige maritime Titel bei Kontrabande. „Ja, Das Wrack der Grosvenor, oder Zwei Jahre vor dem Mast. Es gab von beiden keine aktuelle Übersetzungen, die letzte von „Zwei Jahre vor dem Mast“ zum Beispiel war aus den 1960ern, von einem Kapitän a. D. zur See. Es gehört ja zur Seefahrtsliteratur, und ich finde es aus der heutigen Zeit ganz spannend. Damals war Kalifornien noch mexikanisch. Der Autor hat das als Tagebuch geschrieben und berichtet zum Beispiel, wie er San Francisco nach 20 Jahren wieder besuchte und feststellte, dass dort eine florierende Hafenstadt entstanden war, wo vorher ein paar Hütten standen.“
Diese Bücher hast du selber übersetzt. Das muss ja ein Haufen Arbeit gewesen sein? „Ja, das ist elend lang, drei Bände Grosvenor, das hat sich hingezogen. Zwei Monate Vollzeit habe ich wohl damit verbracht. Obwohl, nicht ganz, nebenbei habe ich noch ein paar Preislisten gemacht und habe noch an meinem eigenen Buch geschrieben.“
Aber wird der Verlag einen maritimen Schwerpunkt haben? „Angedacht war das, aber ob es so bleibt, weiß ich nicht. Die Sparte ist dann doch recht klein …“
Ein schwieriges Feld. Es gab vor ein paar Jahren den Aequator-Verlag aus München, zwei segelnde Geschwister haben da wirklich tolle Bücher herausgebracht, wirklich gut gemacht, mit richtig viel Liebe und toll ausgestattet. Darunter auch Klassiker wie Werke von Moitessier, Tamata, ein großartiges Buch, welches leider davor und danach nie auf Deutsch erschienen ist, oder deutsche Übersetzungen von Tom Cunliffe. Also wirkliche Perlen. Leider musste dieser kleine Verlag dann relativ bald wieder die Flagge streichen.
„Ja, es ist schwer. Ich bin jetzt nicht so unbedingt angewiesen auf einen möglichst großen Umsatz. Dafür war das ganze Werbegeschäft zu langwierig und zu exzessiv. Der Verlag ist natürlich schon ein Stück Leidenschaft, sagen wir mal so, aber die Gewinnerwartung steht erst einmal nicht im Vordergrund!“
Reden wir mal über dein erstes Buch, Himmelsstürmer. „Ein Jugendbuch mit einem K davor, vielleicht auch kein Jugendbuch. Es geht um Jugendliche, die in der 10. Klasse am Gymnasium sind. Der Protagonist ist eigentlich Türke, die Familie in der dritten, vierten Generation in Deutschland. Die Eltern klassisch mit einem Gemüseladen, und der Vater würde ihn gern als Nachfolger im Laden sehen. Er will aber nicht und mit dem ganzen türkischen Kram auch nichts mehr zu tun haben, darum nennt er sich einfach nur Ben. An der Schule hat er einen Lehrer, der rassistisch drauf ist und ihm die mittlere Reife versaut. Der Aufhänger ist, dass er dann in den Sommerferien, als er für die Nachprüfung lernen soll, seinem besten Kumpel sagt, er steigt aus und macht das nicht weiter und haut die Schule in den Sack. Es geht viel um Freundschaften und das, was man an der Schule so alles hatte und wie man sich vertraute und zueinander gestanden hat.“
Gerd schreibt auch gerade an etwas? „Ja, der Arbeitstitel heißt The Atlantic. Eine Gruppe von drei, vier Leuten, die sich um einen alten Katamaran herum zusammentun und damit segeln wollen. Eine Frau, zwei Männer und eine Katze. Das ist aus der ganzen Gemengelage schon sehr problematisch aufgeladen. Gerd schreibt, glaube ich, dabei auch viel aus seiner Erfahrung und dabei auch sehr detailverliebt. Das liest sich sehr spannend und ist so erzählt, dass du wirklich in diese Situation eintauchen und dir das alles vorstellen kannst. Er hat das wirklich gut drauf, so zu schreiben. Ich bin wirklich schon gespannt auf das fertige Manuskript!“
Das bin ich auch! Wie es dann mit dem Verlagsprogramm weiter geht, ist also noch ungewiss? „Das ist wie mit einem Pudding, der noch nicht ganz fest ist. Und aus der Werbung bin ich gewohnt, dass man einfach irgendwo anfängt.“
Und dann mal schauen, wohin die Reise geht? Aber was sagt deine Erfahrung als Marketingmensch dazu? „Die sagt eigentlich: Bohre dich spitz in den Markt. Profiliere dich als Spezialist für etwas und komme nicht mit einem Bauchladen um die Ecke. Man muss sich spezialisieren auf irgendetwas, oder auf eine unverwechselbare Art.“
Außer man ist ein Großverlag, aber die veröffentlichen ja auch unter mehreren Labels. Aber wie würdest du das konkret für Kontrabande beschreiben? „Das ist noch etwas früh. Lass uns mal hier, mal da mal gucken, was geht, etwas austesten, dann wissen wir mehr. Aber was für Kontrabande auf jeden Fall nicht infrage kommt, sind diese ganze Vampirgeschichten, Romantisy, Romance. Krimis weiß ich auch nicht.“
Spannende ältere Bücher neu entdeckt und neu übersetzt bleibt aber ein Teil des Programms? „Ja, es gibt da noch ein schönes Buch von John Meade Falkner, Moonfleet. Es geht um eine kleine Stadt in England, die am Meer liegt, natürlich. Die haben, wie es damals eben so war, praktisch alle vom Schmuggel gelebt. Zwei der Protagonisten werden erwischt, müssen fliehen und schlagen sich dann auf Segelbooten durch, das ist sehr dicht geschrieben. Da würde ich eine Neuübersetzung wagen, ich fand das Buch sehr spannend.“
Vielen Dank für das nette Gespräch. Und auf die weiteren neuen Titel von Kontrabande bin ich schon sehr gespannt – mehr dazu sicherlich bald an dieser Stelle!