Ich hatte ja schon länger darüber nachgedacht, mich schiffsmäßig wieder zu verkleinern – mehr dazu hier. Nun war es im Sommer 2024 soweit. Meine Breehorn „Youkali“ hatte ich noch Ende Dezember 2023 verkauft. Wegen einer Operation am Steuerbord-Knie war ich mir nicht sicher, wie ich danach wieder würde segeln können und wann. Und es gab weitere Gründe, die am Ende gegen die „Youkali“ sprachen, obwohl sie ganz ohne Frage immer noch ein wunderbares Schiff ist. Viel Tiefgang, fast zwei Meter, der mich sogar in Norwegen schon behindert hatte. Dazu ein Brückendeck und eine niedrige Sprayhood, die aus mir einen eher verhinderten Limbotänzer machten, wann immer ich unter Deck wollte. Und überhaupt, viel Schiff für Pläne, die ich noch nicht gemacht hatte …
Aber natürlich kann man nicht ohne Schiff sein. Mein neues Schiff fand ich Ende Juni. Es ist etwas zurück zu den Wurzeln, nämlich wie die „Enterprise“, mit der ich vor rund einem Vierteljahrhundert jahrelang unterwegs gewesen war, dabei auch einen Sommer lang in der Bretagne. Einfach, praktisch, ohne Schnickschnack. Das neue Schiff ist ein Hanseat 70, in diesem Jahr 50 geworden. Und: kein Brückendeck. Ja, das ist ungewöhnlich für eine Hanseat, dieser hier ist eine Spezialausführung. Und mit 1,65 Meter ein gerade noch vertretbarer Tiefgang. Aber segeln soll die Kiste ja schließlich auch noch.
Und segeln wollte ich. Wenn schon zurück zu den Wurzeln, dann richtig. Anfang Juli 2024 starteten wir mit Ziel Bretagne. Natürlich viel zu spät im Jahr, aber ich liebe nun einmal die Bretagne. Nur, die einst stabilen Ostwindlagen, die man bis vor einigen Jahren noch im Mai und Juni in der Nordsee und im englischen Kanal erwarten durfte, hatten wir natürlich verpasst. Stattdessen: Wind aus Südwest. Nicht ideal, bei Kurs Südwest. Also rund 600 Seemeilen gegenan. Aber glücklicherweise war ich nicht allein, sondern hatte in meinem erwachsenen Sohn Ole einen Mitsegler, der mich viel mehr als nur unterstützte. Sondern der mich motivierte, wenn ich bequem und faul werden wollte. Und mich immer dann physisch rettete, wenn Wind und Wetter mal wieder heftig wurden. Alleine hätte ich diese Tour de Force nicht geschafft.
Denn wir hatten beide den Ehrgeiz, allen wetterbedingten Widrigkeiten zum Trotz möglichst rasch in die Bretagne zu kommen. In Cherbourg legten wir, auch wegen meiner Arbeit, eine kleine Pause ein, und Malin kam zu uns an Bord, Oles Schwester und meine mittlere Tochter. Ab da ging’s bergab (auf der Karte): Bei schönem Ostwind (!) segelten wir in einem halben Tag und einer milden Sommernacht bis zur Ile de Bréhat. Der Beginn der Bretagne und ein ganz zauberhafter Ort. Wir kamen während eines magisch anmutenden Sonnenaufgangs dort an, bei Niedrigwasser, was uns für die Wahl des Ankerplatzes – oder der dann in diesem Fall aufgenommenen Mooringtonne – die mühsame Rechnerei der Gezeitenhöhen ersparte.
Es heißt ja, dass man schöne Orte aus seiner eigenen Vergangenheit lieber nicht wieder aufsuchen sollte – die Chancen stehen leider meist gut, dass ein erneuter Besuch viele Jahre später eine Enttäuschung wird. Und dass man sich lieber seine gute Erinnerungen aus besseren Zeiten bewahren solle. Glücklicherweise kann ich berichten, dass dies für die Bretagne überhaupt nicht zutrifft. Wochenlang haben wir und ich uns dort herumgetrieben, und für mein Empfinden hat sich dort nichts geändert. Die Land- und Seeschaften sind immer noch so ungeheuer beeindruckend, wie die Felsen und Gezeiten angsteinflößend sind. Die Orte an Land zauberhaft, die Menschen freundlich und offen. Und von den vielfältigen kulinarischen Genüssen sollte ich gar nicht erst anfangen zu schwärmen. Die Bretagne, sie ist so schön und betörend wie eh und je.