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Nordostpassage – Geschichte eines Seewegs

Die Nordostpassage, auch genannt der „nördliche Seeweg“, bietet endlosen Stoff für Erzählungen. Von Abenteuergeschichten bis hin zu kühlen Analysen der aktuellen geopolitischen Situation ist alles dabei. Und es ist immer gewürzt mit reichlich Drama und Spannung.

So auch dieses Buch. Für ein derart monumentales Thema ist es relativ schmal ausgefallen, aber das ändert nichts an der inhaltlichen Qualität, im Gegenteil. Es ist schon eine Leistung, die lange und verworrene Geschichte der Nordostpassage zwar knapp, aber dennoch umfassend und dabei auch noch so gut lesbar darzustellen. Unter Einbeziehung beider eben genannter Genres: Abenteuer und Analyse.

Da sind zum einen die frühen Entdecker. Es beginnt mit der erstaunlichen Tatsache, dass die ursprüngliche Idee, einen Seeweg nördliche von Russland und Asien zu suchen, wohl aus Italien des 15. Jahrhunderts stammt. Segelnde, die sich heutzutage mit ihren Yachten ja auch immer weiter in den Norden wagen, interessiert es dagegen vielleicht, dass die Barentssee unter Walfängern und Robbenjägern einst als „Tanzboden des Teufels“ bekannt war – was viel über die Wind- und Seegangsverhältnisse dort sagt. So ist die Lektüre von Seite eins weg ebenso unterhaltsam wie lehrreich.

Wie überall in der Geschichte der Arktisforschung wimmelt es auch hier von wagemutigen Entdeckern, Hasardeuren und Abenteurern. Die meisten von ihnen waren schon im 15., 16. und 17. Jahrhundert hauptsächlich angetrieben von der Gier nach Geld und Gewinn. Woran sich bis heute kaum etwas geändert hat. Einst wurden die früher unglaublich reichen Populationen an Walen und Robben um Spitzbergen herum abgeschlachtet, bis sie so gut wie ausgestorben waren. Heute streiten Staaten sich um die Aufteilung des Meeresboden unterhalb der Polkappe wegen der dort vermuteten reichen Bodenschätze.

Aber auch strategische Überlegungen, die immer auch mit den Handels- und Transportwegen zusammenhängen, waren stets ein Thema. Einst wurde die Erkundung der Nordostpassage vorangetrieben, um einen alternativen Seeweg nach Asien zu finden – in einer Zeit, als der Seeweg um Afrika und Indien herum von den Spaniern und Portugiesen beherrscht wurde. Heute geht es wieder um eine Abkürzung der Route zwischen dem Atlantik und dem Pazifik, aber aktuell auch um militärische Interessen. Das schreibt der Verlag selbst im Klappentext zum Buch: „Ausgerechnet der Klimawandel öffnet nun die lange herbeigesehnte Wasserstraße – und macht sie zugleich zum Gegenstand unterschiedlichster Interessenkonflikte. Wirtschaftsraum für den Export von fossilen Rohstoffen oder Nationalpark im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes? Internationale Transitroute oder russisches Hoheitsgebiet?“

Der Autor, Andreas Renner, ist als Historiker und Professor für Russland-Asien-Studien an der LMU München ein profunder Kenner der Materie. Er hat zu russischem Nationalismus, zur Medizingeschichte und Fotografie publiziert. Und seit er von Japan aus Russlands Küste im Westen gesehen hat, erforscht er Russland als asiatische und maritime Macht, nicht mehr nur als Teil Osteuropas.

Fazit: Ein wirklich spannendes Buch, in mehrfacher Hinsicht. Und daher ein unbedingter Lesetipp

 

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