James Wharram: People of the Sea

James Wharram, 93. Im Dezember hat er in Cornwall diese Welt verlassen. Welch außergewöhnlicher Mensch er war, wissen alle, die ihn kannten oder auch nur einmal getroffen haben. Hier geht es zum Nachruf seiner letzten Gefährtin, Hanneke Boon. Menschen wie er haben die Welt ein wenig lebenswerter gemacht, durch seine Ideen – nicht nur zum Bau von „Doppelkanus“ – hat er tausende von Menschen inspiriert. Nicht immer um gleich ein eigenes Boot zu bauen, aber zum Nachdenken über das, was in ihrem Leben, und auch im Segeln, wirklich zählt.

 

Im November 2021 wurde eine neue Ausgabe der Autobiografie von James Wharram und seinen verschiedenen Frauen veröffentlicht, nachdem die erste Ausgabe von „People of the Sea“ vergriffen war. Die neue Version ist inhaltlich unverändert, jedoch etwas kompakter, in einem kleineren Format gedruckt und auch etwas günstiger. Bestellen kann man das Buch direkt auf der Seite von Wharram Designs.

 

Multihull Pionier und Philosoph James Wharram

 

Die von Wharram entworfenen Katamarane, die er auch gerne als „Doppel-Kanus“ bezeichnet, sind in ihrer charakteristischen Formgebung, vor allem aber auch ihrer Einfachheit unverwechselbar. Tausende Menschen weltweit haben Wharrams in allen Größen gebaut und viele davon ihren Traum vom Blauwassersegeln, oder auch nur vom eigenen Boot für die Wochenenden, verwirklicht. Dabei hat er viel mehr getan, als „nur“ Baupläne von Mehrrumpfbooten zu verkaufen. Er hat eine eigene Philosophie durch diese spezielle Art von Booten vermittelt, eine ganz anschauliche und praktische Vision des einfachen Lebens, autark und innerlich wie äußerlich unabhängig von dem von ihm selbst verabscheuten Establishment.

James Wharram: People of the Sea - Literaturboot - Buchkritiken, Empfehlung, Yachten & Segler

“Sein eigenes Boot zu bauen und zu segeln gibt, in einer Welt der sich ständig verändernden Werte, eine innere Zuversicht, Stärke und Fähigkeit den eigenen Lebensstil zu leben.“ James Wharram.

James wurde 1928 in Manchester geboren. 1956 schaffte er die erste Atlantiküberquerung in einem Mehrrumpfboot, dem 23-Fuß-Katamaran „Tangaroa“, den er selbst entworfen und gebaut hatte. Es war ein kleines, katenförmiges und auch sonst sehr einfaches Boot, das ihn und zwei junge deutsche Frauen auf abenteuerliche Weise von England nach Trinidad brachte. Die Rückreise erfolgte mit dem 40-Fuß-Katamaran „Rongo“, den die drei am Strand von Trinidad gebaut hatten, mit Hilfe von Bernard Moitessier, dem legendären Ozeansegler und Philosophen, und dem etwas weniger bekannten Abenteurer und Segelreisenden Henry Wakelam. Im Jahr 1959 segelten James, seine zwei Frauen und ein auf Trinidad geborener Sohn mit „Rongo“ von Trinidad zuerst nach New York und von dort, allerdings ohne das Kind, welches von der Großmutter abgeholt und mit dieser per Flugzeug voraus flog, weiter nach Wales. Damit waren James, Ruth und Jutta die ersten überhaupt, die den Atlantik von West nach Ost in einem Mehrrumpfboot überquerten.

Seither entwarf er viele Mehrrumpfboote, er entwickelte die Ideen der polynesischen „Doppel-Kanus“ immer weiter und seine Boote gibt es in allen Größen, von kleinen Strandkats bis zum majestätisch wirkenden, 20 Meter langen Flaggschiff der Wharram-Flotte. Mehr als zehntausend Pläne sind in alle Welt verkauft worden und Tausende SeglerInnen sind mit den daraus entstandenen Booten unterwegs.

 

Mehr als „nur“ ein Designer

 

In der Einleitung zum Buch schreibt der englische Segler und Autor Tom Cunliffe: „Obwohl ich James schon sehr lange kenne, habe ich erst bei der Lektüre dieser Memoiren erkannt, wieviel mehr als nur ein Designer er tatsächlich ist. Ein halbes Jahrhundert später und er ist immer noch ein unabhängiger Geist. Seine Weigerung, sich mit der immer weiter um sich greifenden Bürokratie unserer Zeit abzufinden hat so manchen Segler in der heutigen konsumorientierten Szene zum Nachdenken über das gebracht, was wirklich zählt. Der Strom von Entwürfen von seinem Zeichenbrett hat Generationen befreit, aber mit einem Satz Wharram-Pläne erhält man so viel mehr als nur die Zeichnungen.

Die persönliche Philosophie des Mannes zieht sich durch das Buch wie ein Kardeel im Tauwerk, und das macht es so fesselnd zu lesen. Seine Beschreibungen der Errungenschaften der polynesischen Seefahrer sind faszinierend, aber sein Kommentar zu ihrer Lebensweise und wie sie von den Vertretern unserer eigenen Lebensweise zerrissen und zerstört wurde, ist etwas, das jeder Westler studieren sollte. Seite um Seite fordert er den Lesenden auf, die eigenen Lebensumstände zu überprüfen und ernsthaft neu zu bewerten, bevor es zu spät ist.“

James Wharram: People of the Sea - Literaturboot - Buchkritiken, Empfehlung, Yachten & Segler

Dem kann ich eigentlich nichts mehr hinzufügen. Höchstens eine Beschreibung des Buches, die von der Wharram-webseite stammt: „People of the Sea“ ist die Lebensgeschichte des legendären Katamaran-Konstrukteurs James Wharram, von einer Kindheit in Manchester während des Krieges über einen Bergsteiger und einen Pionier des Katamaransegelns in den 1950er Jahren bis hin zum Konstrukteur moderner polynesischer Katamarane. Es ist nicht nur ein Buch über seine Entwürfe und das Segeln, sondern deckt viele Aspekte seiner Philosophie und Ideen ab, über Politik, Lebensstil, Psychologie, experimentelle Meeresarchäologie, Bootsbau und seine Beziehung zum Ozean und seinem „Volk des Meeres“ – den Polynesiern. Dazwischen finden sich Anekdoten und freimütige Enthüllungen über seine eigenen persönlichen Tragödien und Erfolge.“

Fazit: Unbedingt lesenswert – auch, wenn man keinen Wharram Katamaran bauen oder kaufen möchte. Erschienen (bisher leider nur) in englischer Sprache.

Zu beziehen hier, direkt über die Webseite.

 

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