Papier oder digital, in Bezug auf Seekarten geht diese Diskussion immer weiter. Obwohl sie eigentlich komplett überflüssig ist
Navigation ist ja bekanntlich, wenn man trotzdem ankommt. Und wie so vieles andere im Leben sollte man auch diese Kunst so einfach wie möglich halten. Dafür gibt es glücklicherweise sehr hilfreiche Instrumente, die uns Segelnden das Navigieren wirklich so simpel wie noch nie machen. Die Erfindung des GPS hat einst alles verändert, vorbei für immer sind die Zeiten des Koppelns mit Bauchgefühl und Gottvertrauen sowie der „Brötchentüten-Navigation“, und verschiedene Navigationsprogramme haben das Potenzial von GPS noch einmal konsequent ausgeschöpft. Doch bei alledem bleibt die praktische Navigation unterwegs eben doch mehr, als das bloße Abfahren eines Kurses oder einer Route auf dem Plotter. Letzteres hat, zumindest für mein Empfinden, immer auch etwas von Videospiel und trägt wenig bei zur Romantik eines Segeltörns, noch zur durchaus sinnvollen Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Gegebenheiten der maritimen Umgebung, in der wir gerade unterwegs sind.
Den Überblick behalten
Die Versuchung ist groß, sich nur noch am Display des Plotters, Tablets oder gar Mobiltelefons zu orientieren. Dabei
verliert man auf Dauer leider die wichtige Fähigkeit, die reale Umgebung im Kopf richtig einordnen zu können: Wie weit in etwa ist diese Tonne voraus noch entfernt? In welcher Richtung müsste der Leuchtturm auf der nächsten Huk in etwa peilen? Und so weiter – um sich mit einem Gefühl für Raum und Zeit zurechtfinden zu können.
Dafür sind gedruckte Papierseekarten eine unabdingbare Voraussetzung. Ab und an die digital angezeigte Position mit dem größeren Bild auf der Seekarte abzugleichen, hilft schon sehr dabei, die Dinge im Überblick zu behalten. Man könnte auch immer mal eine Position in die Seekarte eintragen, ganz wie in alten Zeiten, um einen Back-up zu haben für den zugegeben unwahrscheinlichen Fall des elektronischen Meltdowns. Oder um diese später in das Logbuch zu übertragen. Oder einfach aus Spaß an der Sache.
Hafen von Amsterdam…
4 Antworten
Kleine Ergänzung aus der Praxis: ich war vor wenigen Wochen in Galizien unterwegs. Grundlage meiner Navigation sind die Karten des NV-Verlags nebst Smartphone App NV Charts. Dabei ich mir folgendes aufgefallen: Eine unmarkierte Untiefe in Ufernähe in der Ria de Pontevedra war auf der Papierseekarte klar erkennbar. In miner App hatte ich die Einstellung jedoch auf offline-Karten eingestellt. Leider fehlte auf dem Bildschirm jeglicher Hinweis auf die Untiefe. Erst, nachdem ich auf „online“-Karte umgestellt hatte, erhielt ich ein Bild, welches der Papierdarstellung entsprach.
Es mag sich um einen Bedienungsfehler meinerseits gehandelt haben. Dennoch wäre es hilfreich darauf hinzuweisen, dass die Kartendarstellung im offline-Kartenmodus abweicht.
Es handelte sich übrigens um zwei sichtbare (möglicherwiese noch weitere überspülte) Felsen, die bei halber Tide etwa 10 cm aus dem Wasser ragten.
Danke für den Hinweis! Die digitalen Karten sind teils Raster-, teils Vektorkarten. Bei letzteren fehlen dann oft Details, wenn man nicht hinein zoomt. Aber wie schon gesagt, ein guter und wichtiger Hinweis aus der Praxis. Ich bin übrgens gerade in der Bretagne unterwegs und bisher klappte alles ganz gut mit der Kombi aus Papier und digital…
Noch ein Nachtrag zum Zoom: Das ist natürlich das erste, was ich versucht habe: reinzoomen. Das Bild wurde aber nicht aussagekräftiger. Ich möchte auch nicht ausschließen, dass ich mich mit der Elektronik dumm angestellt habe. Man muss sich aber des Risikos bewusst sein.
Ich werde ohne Papierkarte im Cockpit weder in France Atlantique noch in Nordspanien einen Ankerplatz oder Hafen verlassen. Womit navigierst Du in der Bretagne? SHOM oder NV-Verlag?
Gruß
Norman
Mit NV-Verlag. Immer mit Papierkarte im Cockpit 😉 ! Meine anderen Lieblingskarten sind die englischen Imray-Charts. SHOM sind aber auch gut…