Anke und Uwe Müntz: Noch mehr blau!

Regelmäßige Leser:innen von Literaturboot kennen die beiden bereits: Anke und Uwe Müntz. Erst hatte ich ihr wirklich lesenswertes Buch „Blau gemacht“ vorgestellt, über eine in den Nordatlantik gepflügte „8“; von der Ostsee nach Norden bis Island, dann über Irland gen Süden bis Marokko und von dort, nach ausgedehnten Landurlauben, über Madeira und die Azoren zunächst hinaus nach Westen und dann nach Norden, über die Bretagne und durch den Ärmelkanal und Nordsee zurück in die Ostsee.

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Nun leben sie beiden schon seit drei Jahren an Bord ihres „neuen“ Schiffes im Mittelmeer. Auch darüber hatten wir bereits gesprochen und hier auf Literaturboot berichtet, nun folgt die Fortsetzung dieses spannenden Austausches über ein unbefristetes Leben an Bord und darüber, wie es im Mittelmeer wirklich ist. Nicht für Chartercrews auf Urlaubstörn, sondern eben für Liveaboards. Ist es wirklich so teuer, wie immer wieder gerne behauptet wird? Zu voll? Zu heiß? Oder tatsächlich ganz anders? Hier gibt es die Antworten auf diese und andere Fragen.

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Wir rekapitulieren noch einmal: Was hat euch am Mittelmeer gereizt?

Das neue Boot hatten wir 2020 in Barcelona gefunden, wo uns direkt Covid in die Pläne gegrätscht ist. Insofern war der Aktionsradius im ersten Jahr begrenzt und wir beschlossen praktischerweise, auf Menorca zu beginnen. Sodann hat sich folgendes hinsichtlich Mittelmeer als Liveaboard-Revier ergeben: Vor allem erstmal ein angenehmes Klima. Kulinarisch können wir nur sagen, dass man in dieser Hinsicht über Spanien, Frankreich und Italien nichts weiter sagen muss, besser wird es wohl kaum irgendwo. Dazu kommen die meist großartige Landschaft, tolle Inselwelten, überwiegend karibisch anmutendes und sauberes Wasser. Kulturell und historisch ist es letztlich unsere europäische Heimat und sehr interessant. Es ist unsere Kultur und vor allem unsere Geschichte, in dieser Hinsicht ungeheuer reich für jeden, der sich dafür interessiert. Auch die Mentalität, obwohl etwas anders als bei uns Nordeuropäern, bleibt doch nachvollziehbar und kalkulierbar, auch in Bezug auf Sicherheit oder auch Behörden, es gab nie Überraschungen in dieser Hinsicht. Wichtig für uns ist auch die gute und meist einfache Anbindung, um nach Deutschland zu kommen, zu Eltern, Enkeln, Freunden.

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Wo genau seid ihr bisher gewesen?

Nach den Covidjahren in Barcelona und auf den Balearen sind wir nach Sardinien gesegelt, wo wir 14 Monate für einmal herum verbraucht haben. Aus Kostengründen haben wir für die Augustpause allerdings nach Rom übergesetzt. Jetzt geht es weiter: Pontinische Inseln, Capri, Ischia, Neapel. Ziel für den Winter ist Sizilien.

Wie ist das Mittelmeer als Segelrevier im Vergleich zum Atlantik?

Das Abenteuer der langen Distanzen fehlt, man kann fast alles in Übernachttörns bewältigen. Und es ist anspruchsvoller zu befahren, als wir es aufgrund unserer Vorurteile erwartet haben. Es gibt fast immer mehr Wind als erwartet. In diesem Sommer vor allem, viele sagen es sei mehr Wind und unberechenbareres Wetter als früher, das können wir nicht beurteilen. Allerdings dreht der Wind sehr häufig, das kann schon mal einmal am Tag um 360 Grad sein, das macht das Ankern nicht einfacher und man muss sich die Buchten und Ankerplatze schon sehr gut auswählen. Die Wetterberichte sind zuverlässig, aber eben auch nicht immer. Es hat ja schon immer mal, und gerade in diesem Sommer erst wieder, plötzliche und sehr heftige Stürme gegeben… Und der Seegang hier ist definitiv unangenehmer, als im Atlantik.

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Reden wir, wie heute üblich, über das Klima. Ist das dort wirklich angenehm? Oder nicht viel zu heiß im Sommer und im Winter ungemütlich und stürmisch?

An Land ist es im Sommer schon sehr heiß und auch jetzt im Oktober ist es immer noch so warm wie im Hochsommer in Deutschland. An Bord kann man das gut aushalten, das Wasser hat noch 25 Grad, da kann man immer rein springen… Und was die Winter betrifft: Vor allem im nördlichen Teil stimmt das, weiter Richtung Süden wird es jedoch auch im Winter milder. Wir sind jetzt unterwegs nach Sizilien, wo wir diesen Winter verbringen wollen. Was die Auswirkungen des Klimawandels betrifft: Eine genaue Einschätzung dazu möchten wir uns aufgrund fehlender Erfahrungen nicht anmaßen. Aber es scheint, dass die Amplitude extremer Wettererscheinungen größer wird, dass es mehr Wind gibt mit größeren, offenbar nicht vorhersehbaren Ausschlägen. Die Einheimischen behaupten einstimmig, dass sich das Klima schnell wandelt.

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Ich komme aus dem Mittelmeer, ich habe keine Mittel mehr – diesen Spruch kennen wir wohl alle. Wie teuer ist es wirklich?

Im Grunde nicht teurer, als in Nordeuropa auch. Sehr teuer sind allein die Marinagebühren. Wir ankern sowieso lieber, davon ganz abgesehen. Für die Wintermonate findet man preiswerte Liegeplätze. Ansonsten sind die Lebenshaltungskosten mit denen in Deutschland vergleichbar. Im Landesinneren allerdings sind die Gastronomie-Preise meist überraschend gering. Und dann hängt es ja vom persönlichen Lebensstil ab, wir müssen nicht jeden Tag an Land essen gehen, einmal die Woche reicht auch oder mal ein nettes Lunch, das ist selbst auf Sardinien nicht teuer. Aber generell gilt wohl schon: Geld ist immer schneller weg als wir uns denken.

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Wie voll ist es im Mittelmeer? Auf dem Wasser und an Land?

Es ist natürlich viel stärker frequentiert, auf dem Wasser und auch an Land. Juli und vor allem August sind die klassischen Urlaubsmonate der Franzosen, Spanier und Italiener, da wird es überall sehr voll und teuer, und es ist die heißeste Zeit. Für uns heißt das immer: Deutschlandzeit, so dass wir uns im Mittelmeer überwiegend in den Nebensaisons bewegen. Für uns gehören Landausflüge, besonders in den Wintermonaten, unbedingt dazu. Dann sind Liegeplätze erschwinglich, Mietwagen preiswert und die Einheimischen sind entspannt.

Bekommt man dann auch Kontakt zu den Einheimischen?

Das hängt in entscheidendem Maß von der eigenen Offenheit und Neugier ab. Eine gewisse freundliche Zurückhaltung haben alle Insulaner an sich. Aber sie sind sehr gastfreundlich, hilfsbereit und wenn man auf sie eingeht, nicht auf dem „hohen Ross“ daherkommt, gewinnt man ihre Herzen.

Welche waren die schönsten Orte, die ihr bisher im Mittelmeer erlebt habt?

Das ist schwer zu beantworten. Menorca fanden wir herausragend. Sardinien rundherum ebenso. Die Dichte an überwältigend schönen Plätzen ist enorm groß. Die Maddalenas sind womöglich doch noch hervorzuheben. Immer von Neben- und Nachsaison ausgehend. Auch die ersten Eindrücke von Korsika, an dessen Südwestküste wir drei Wochen verbrachten, bestätigt die Fülle wunderschöner Segel-und Ankerplätze im Mittelmeer. Das absolute Highlight bisher war wohl wirklich Sardinien. Stellenweise ist es dort fast schon karibisch. Die Isole Ponzi, die Pontinischen Inseln sind auch sehr schön. Aber auch sehr voll, das ist das Nahziel für die „Römer“.

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Und was waren die weniger schönen Orte?

Ibiza und Formentera würden wir im Sommer nicht noch einmal anlaufen. Die Sommerliegeplätze auf den begehrten Inseln sind fast unerschwinglich, weshalb wir aufs italienische Festland, sprich Fiumicino oder Ostia (also Rom) ausgewichen sind.

Welches sind eure weiteren Pläne?

Für uns hat sich durchgesetzt, nur sehr lose und leicht änderbare Pläne zu machen. Wir sind derzeit auf den Pontinischen Inseln, segeln allmählich die Küste herunter nach Sizilien, haben unseren Winterplatz in Palermo. In Abhängigkeit davon, wie weit wir kommen mit Sizilien, steht derzeit für die zweite Jahreshälfte Korsika auf dem (losen) Plan. Aber wer weiß. Jedenfalls muss Griechenland, wo wir ursprünglich schon seit drei Jahren sein wollten, noch warten.

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Warum?

Wir hatten mal diese Idee, von Barcelona aus relativ schnell nach Griechenland zu segeln, es wurde uns so viel davon vorgeschwärmt, mehr Platz auch zum Ausweichen von zu vielen anderen Yachten oder Tourismus, sehr nette Menschen und so weiter. Aber wir sind jetzt drei Jahre unterwegs und genießen schon jetzt diese wunderbare Vielfalt und haben überhaupt keine Eile! Und etwas, was uns bei Griechenland dann doch gedanklich beschäftigt, ist das Kulinarische – das wird da dann wohl doch eher eine Art Monokultur werden; jedenfalls kein Vergleich zu Spanien oder Italien wo wir ja nun die ganze Zeit unterwegs waren!

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Eure Tipps und Ratschläge für das Mittelmeer?

Wir sind keine großen Freunde von Ratschlägen. Die Erwartungen der Leute sind zu unterschiedlich. Aber, ganz allgemein: Wenn möglich, viel Zeit lassen. Landausflüge halten wir für unerlässlich, um Land und Leute kennenzulernen, um die Mentalität und Geschichte zu verstehen. Und generell nicht zu vergessen, dass wir überall zu Gast sind.

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Bleibt ihr im Mittelmeer?

Immer mal wieder denken wir auch daran, noch einmal zurück in den Norden zu segeln, nach Schottland, Färöer und so, aber dann ist da immer das Problem des Winters. Und wunderschön ist ja auch die ganze Strecke entlang der atlantischen Küsten von Spanien und Portugal in den Norden, beziehungsweise Süden. Bestimmt wollen wir auch noch einmal in die Bretagne. Aber, wie gesagt: Genaue Pläne machen wir keine…

…Fortsetzung folgt, vermutlich! Unterdessen kann man die Reise der beiden auch auf ihrem Blog verfolgen, mit wunderbaren Fotos und unterhaltsamen Texten. Und einen Literaturtipp für Sardinien gibt es hier.

Zum Buch hier entlang.

Zum ersten Interview hier entlang.

Zum Blog der beiden hier entlang.

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Meine Bücher

Detlef Jens – Im Kielwasser des Geldes. Ein Segel-Krimi aus Hamburg
Detlef Jens – Gefährliche Gezeiten. Ein Segel-Krimi aus der Bretagne
Detlef Jens – Black Jack. Ein Segel-Krimi
Detlef Jens – Hafenjahre, Leben an Bord
Detlef Jens - Land's End. Ein Segelbuch über das Leben an Bord

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