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Falcon. Eine Segelreise im Jahre 1887

Dies ist der lesenswerte Bericht über einen Segeltörn in einem umgebauten Rettungsboot von London nach Kopenhagen. Im Jahr 1887. Das englische Original, ursprünglich erschienen 1889, hieß „The Falcon on the Baltic“. Die vorliegende deutsche Ausgabe, leider nur noch antiquarisch erhältlich (was aber möglich ist!), wurde vom Tidenhub Verlag herausgegeben. In einer sorgfältigen, sehr guten Übersetzung und liebevoll gemacht mit zahlreichen Illustrationen des bekannten Künstlers Ole West ist dies tatsächlich ein kleines Juwel von einem Buch. Natürlich ist es auch ein sehr spannendes

Zeitdokument, die Grenze zwischen Dänemark und Deutschland etwa verlief damals noch ganz anders, als heute. Der Kanal, den wir heute als „Nord-Ostsee-Kanal“ kennen, endete damals in Rendsburg, von wo aus nur kleinere Schiffe mit relativ wenig Tiefgang durch die Eider bis nach Tönning und auf die Nordsee gelangen konnten. Und natürlich waren auch die Seefahrt und das Segeln noch gänzlich anders. Dampfer gab es, aber das Bild in den Häfen und auf den Reeden war immer noch geprägt von den Masten und den Takelagen der Segelschiffe und Küstenewer. Und auch die „Falcon“ hatte, natürlich, keinen Motor. Und Knight segelte quasi alleine, aber alleine zu zweit – er hatte eine bezahlte „Hand“ dabei. Ein Mitsegler zwar, und das auf einem wirklich kleinen Boot, in dem die beiden monatelang auf engstem Raum beieinander lebten, aber dennoch gibt es einen ganz deutlichen Klassenunterschied und eine deutliche Hierarchie zwischen dem bezahlten Mitsegler und dem Eigner selbst.

Ereignisreicher Segeltörn

Kein geringerer als Arthur Ransome (hier geht es zum Literaturboot-Portrait) schrieb 1952 in einer Rezension über dieses Buch:

„Erwachsene Leute (falls diejenigen, die das Segeln lieben überhaupt jemals erwachsen werden, was ich bezweifle) sind ja wie Kinder, wenn es darum geht, sich an abenteuerlichen Geschichten zu erfreuen die, mit etwas Glück, ihnen selbst auch hätten passieren können. Heutzutage können sich nur sehr wenige eine größere Yacht leisten und noch weniger überhaupt davon träumen. … Aber ausrangierte Rettungsboote sind immer günstig zu haben und lassen sich zu passablen Segelbooten umbauen, sofern man sich mit einer Krabbelhöhe in der Kajüte begnügt und sie nicht durch irgendwelche monströsen Aufbauten ruiniert. Man kann in ihnen von einem Hafen zum nächsten segeln, an Bord schlafen und kochen, in stillen Flüssen ankern wo man statt anderer Menschen Radios den Gesang der Vögel hört, und an den Wochenenden und in den Ferien in ekstatischer Unbequemlichkeit an Bord leben.“

Mit einem schweren, langsamen, noch dazu ständig leckenden Rettungsboot eine dann doch ziemlich weite Reise (von London nach Kopenhagen) zu unternehmen ist ein Abenteuer der ganz besonderen Art. Darüber zu lesen ist ein Vergnügen der ganz besonderen Art, vor allem, wenn ein solches Abenteuer mit diesem wunderbaren, lakonischen britischen Humor erzählt wird. Zum Thema „Stehhöhe“ an Bord bemerkt Knight zum Beispiel ganz schlicht: Wenn jemand eine aufrechte Position einnehmen möchte, kann er ja jederzeit an Deck gehen…

In diesem Buch geht es vor allem um die Freude am Leben, an der Natur und eben am Segeln, die man nur auf kleinen Booten erleben und genießen kann. Die „Falcon“ selbst war ja schon klein, aber sie schleppte den ganzen langen Weg ein noch kleineres Boot mit sich, ein offenes Segeldinghi, mit dem Knight sich oft auf weitere Entdeckungstouren aufmachte, wenn die „Falcon“, stets unter der Obhut des Mitseglers, irgendwo vor Anker lag.

Die überschäumende Freude des Autors an diesem einfachen Vagabundenleben ist einfach ansteckend. Zumal er so schön, aus englischer Sicht und nicht ohne Vorurteile, die Menschen beschreibt, die er unterwegs in den Häfen und an den Küsten trifft. Wobei ihm die Einfachheit seines Bootes zugute kommt. „Der Skipper eines kleinen Bootes hat einen riesigen Vorteil gegenüber den Eignern teurer Yachten. Niemand wird annehmen, er sei reich. Lotsen, Kneipiers, Schlepperkapitäne, Fischer, Seeleute aller Art treffen ihn auf Augenhöhe und leben in diesem gut gelaunten und humorvoll geschriebenen Bericht wieder auf“, schreibt Ransome in seiner Buchbesprechung.

Falcon – Eine Segelreise im Jahre 1887. Von E.F. Knight, erschienen im Tidenhub Verlag, Norderney. Leider nur noch antiquarisch erhältlich.

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