Die Nordsee

Dies ist ein bemerkenswertes Buch. In gewisser Weise fast wie sein eigenes Thema, zunächst unnahbar und etwas grau wirkend, ganz wie die Nordsee selbst. Bald aber, nach etwas näherem Kennenlernen, stellt sich Erkenntnis, Zuneigung, ja, geradezu Begeisterung ein. Wirkt es anfangs noch etwas flach wie die Priele des Wattenmeeres, gelang man doch rasch in tiefere Fahrwasser mit durchaus mitreißenden Strömungen. Am Ende wird auch der Nordseekenner zwar einiges wiedertreffen, aber auch viele überraschend neue und spannendende Dinge erfahren haben. Wer, als Segler, jemals tagelang und außerhalb der Saison in Oostende eingeweht war, wird die wunderbare Beschreibung dieses eigenartigen Ortes lieben. Das einst eine Flotte der russischen Kriegsmarine auf der Doggerbank Trawler aus Hull versenkte, weil sie diese für japanische Kriegsschiffe in der Nordsee hielten, ist ebenso unglaublich wie unbekannt. Vom Leben auf den Halligen bekommen wir Leser einen guten Einblick – und so weiter, rund um die Küsten der Nordsee erzählt Tom Blass von Alltäglichem und Skurrilem. „Landschaften, Menschen und Geschichten einer rauen Küste“, so heißt es sehr zutreffend im Untertitel des Buches. Es geht dabei auch um die Historie und Kulturgeschichte dieser Küsten, doch die Schifffahrt selbst kommt mir persönlich zu kurz. Immerhin war es diese, die Küsten und Orte rund um die Nordsee zu einem kulturellen Raum vereint, selbst sprachlich. Allzu knapp nur werden Langschiffe und Koggen am Rande erwähnt, von Thames Barges, Finkenwerder Nordsee-Ewern oder niederländischen Klipperaaken gar nicht zu reden. Aber vermutlich wäre dieses Thema auch ergiebig genug für mindestens ein weiteres Buch. Hier also: Die Küsten und Menschen, die dafür treffend und unterhaltsam beschrieben werden. Ein schönes Lesevergnügen für alle Nordsee-Liebhaber und von daher auch als Sommerlektüre bestens geeignet und so ist das Buch in der Bordbibliothek ebensogut aufgehoben wie im Gepäck beim Strandurlaub. Besonders schön an Büchern dieser Art ist es ja, dass man sie zwar ganz brav von vorne bis hinten durchlesen kann, sie aber auch immer mal wieder zur Hand nehmen, darin blättern, ein Kapitel oder vielleicht auch nur ein paar Seiten lesen kann. Bis zum nächsten ruhigen und genussvollen Moment im Sessel, Strandkorb oder dem Cockpit des eigenen Segelbootes. Sehr empfehlenswert!


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