Es ist schon faszinierend – in uns, in unserer Kultur und Wissenschaft steckt mehr Griechenland, als die meisten modernen Menschen es auch nur ahnen. Philosophie, Wissenschaft, Kultur und auch unser politisches Denken beruhen zum größten Teil auf Grundlagen, die vor mehr als 2000 Jahren von den antiken Griechen gelegt wurden. Das bedeutet im Umkehrschluss zwar nicht, dass zwingend jeder fröhliche Segeltörn in den wunderbaren Gewässern zwischen den Inseln des östlichen Mittelmeeres zur philosophischen Entdeckungsreise wird – aber, es könnte durchaus so sein. Denn diese zauberhafte Inselwelt war Jahrtausende lang die Bühne für göttliche Dramen, gemeine Kriege, Höhenflüge ebenso wie Bruchlandungen der Philosophie und Wissenschaften, dass wir hier einen schier unerschöpflichen Fundus an Geschichte und Geschichten vorfinden. Wer mit einem Wissen darum und einem Bewusstsein dafür durch die Inselwelt segelt, wird diese natürlich mit ganz anderen Augen sehen.
So, wie eben auch Paul Werner, der Autor dieses bemerkenswerten, weil ziemlich einzigartigen Segelbuches. Ein Segelbuch, das gleichzeitig auch wie ein Feuerwerk des Bildungsbürgertums wirkt. Zu jedem Eiland, zu fast noch jedem Stein der auf seinem Kurs liegt weiß Werner historisch bedeutsame Dinge zu erzählen; Mythen oder Legenden oder auch schon bekanntere Begebenheiten. Homer, Demosthenes und die Sappho, Hippokrates, der Dr. House der Antike, die Archäologen Schliemann, Evans und Marinatos, die Minoische Katastrophe und der Attische Seebund, der Peloponnesische Krieg, die Balkankriege und der griechische Bürgerkrieg und vieles mehr kommt da vor. Zwei Monate lang segelte er in seiner Hallberg-Rassy „Solskin“ hier umher, tauchte tief ein in die Inselwelt die er mit eben jenen eben beschriebenen Augen immer wieder neu entdeckte. Übrigens mit wechselnder Besatzung, was dem Erzählten eine weitere Dimension verleiht – denn Paul Werner erzählt durchaus auch aus seinem Bordalltag.
In insgesamt 42 Kapiteln entsteht so ein Kaleidoskop verschiedenster Themen. Manchmal eine Spur zu langatmig, zuweilen auch eine Spur zu belehrend, meist aber durchaus unterhaltsam und spannend, wenn man sich denn darauf einlässt, auf die Begeisterung für die historischen Ursprünge und die göttliche Mythologie der Antike.
So macht das Buch Lust – darauf, mehr zu wissen, aber vor allem auch darauf, möglichst bald selber wieder einmal durch diese Sagenhafte Inselwelt von Griechenland zu segeln, sie dann vielleicht auch einmal mit anderen Augen völlig neu zu entdecken!