Allard Schröder: Der Hydrograf

Dies ist ein rätselhaftes Buch, mit einer eigenartigen Stimmung und trotz undramatischer, klarer Sprache fesselnd. Ein, ja, wie ich es empfunden habe höchst beklemmendes Leben wird hier ungerührt, fast schön kühl berichtet: Der junge Hydrograf, der sich im Jahre 1913 in Hamburg auf einem Segelschiff nach Valparaiso einschifft, ist ein Opfer seiner Herkunft und Sozialisation. Eine traurige und tragische Gestalt. Ebenso, wie die anderen Passagiere an Bord: Ein kleinbürgerlicher und faschistoider Salpeterhändler und ein undurchsichtiger Gymnasiallehrer mit einem widerlichen Geheimnis, das alsbald gelüftet wird. Dann kommt noch eine ebenso geheimnisvolle Tänzerin an Bord und die Phantasien und Gefühle der drei merkwürdigen Herren geraten alsbald außer Rand und Band. Ein kleines Kammerspiel auf See, sozusagen, psychologisch dicht gewebt, das einen durchaus in seinen Bann zieht und das auch noch ein wenig in den Gedanken nachwirkt.

Rätselhaft finde ich dieses Buch, weil ich gar nicht genau sagen kann, was das Faszinierende daran ist. Es bleibt im Grunde undramatisch, es birgt keine wirklich großen Überraschungen, die Faszination, die das Verruchte, Verdorbene und auch durch und durch abscheulich Böse gerade auf kleinmütige Spießerseelen ausübt, ist ja auch nicht wirklich unbekannt. Trotzdem ist das Buch gut lesbar, man bleibt gespannt dabei bis zum Ende – auch das allerdings nicht wirklich überraschend: Der tragische, traurige „Held“, der vor allem auf der Flucht vor seinem öden Leben an Bord ist, wandelt sich unterwegs tatsächlich. Mit einem ebenso tragischen und traurigen Ende, aber das ist ja nur folgerichtig.

Der Roman ist preisgekrönt und war in den Niederlanden, seinem Ursprungsland, ein Bestseller. Ja, es lebt von der Stimmung und der Schicksale und ja, daher kann man es auch gut und flott lesen. Trotzdem: Mich lässt das Buch eher ratlos zurück. Weil mich am Ende das Schicksal der handelnden, oder vielleicht auch eher getriebenen, Personen eben doch eher kalt lässt.

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