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Nathalie Müller, Michael Wnuk: Unter Segeln zu Hause

Unter Segeln zu Hause. Wer bloggt, bleibt. Oder? »Heute würde ich nicht wieder damit anfangen!«, sagt einer, der von Anfang an dabei ist, angesichts der aktuellen »Blogflation«. Als Michael Wnuk und Nathalie Müller im Jahr 2000 zu ihrer Segelreise um die Welt starteten, waren sie die ersten, die regelmäßig eine Art öffentliches Tagebuch im Internet führten: Von Anfang an schreiben wir unser persönliches Logbuch und versenden jeden Eintrag von See aus via Mobiltelefon als E-Mail mit einer langen cc-Liste an unsere Familie. Zurück bekommen wir Aufmunterungen, weiterzuschreiben und haufenweise Anträge von Bekannten, die in die Adressliste der Sammelmails aufgenommen werden wollen. So wird die Geburt dieses Blogs beschrieben. Zu einer Zeit, als das Wort Blog noch gar nicht existiert. Aber, im Gegensatz zu vielen anderen Segelblogs, hatten und haben die beiden auch viel zu erzählen.

Und das eben nicht nur über das Segeln, sondern auch immer über das Leben an Bord, auf einem Segelboot – das ist übrigens auch Thema beider Bücher, des ersten und des jetzt erscheinenden zweiten, doch dazu gleich mehr. Es gab Veränderungen an Bord, aus zweien wurden vier, die erste Tochter wurde in Malaysia geboren, die zweite in Südafrika. In Südafrika ließ die junge Familie ihr Schiff dann liegen, legte eine mehrjährige Segelpause in Deutschland ein. Wnuk und Müller schrieben ein Buch über ihre Weltumsegelung der Jahre 2000 bis 2007: »Meer als ein Traum« ist der Titel, hier geht es zur Literaturboot-Rezension.

Jetzt erscheint ihr zweites Buch: »Unter Segeln zuhause – eine Familie will Meer« heißt es und davon handelt es auch. Von einer Familie, die weiß, dass sie wieder los segeln wird und es eines Tages auch macht. Zwei Jahre sollte diese Reise dauern und in Südafrika beginnen, doch dann kommt alles anders. Unterwegs, am Ende der Welt, wird ein neues Boot gekauft. Neue Pläne werden gemacht, noch bevor es mit dem neuen Schiff durch die Karibik und wieder zurück nach Deutschland geht.

Denn die »Iron Lady«, das Schiff, mit dem die Familie so lange unterwegs war, ist in die Jahre gekommen. Michael Wnuk fliegt voraus nach Südafrika, segelt die Lady mit Chartergästen an Bord über den Südatlantik nach Rio, von dort weiter Südwärts nach Buenos Aires. Eigentlich soll es nun zurück nach Kapstadt gehen, wo die Familie einsteigen will. Aber ein heftiger Sturm und, vor allem, der Zustand der Lady sorgen dafür, dass es nicht so kommt: »Als ich nach Buenos Aires zurück gesegelt war, konnte ich den Finger durch den Stahlrumpf stecken«, erklärt Michael und heute kann er darüber grinsen: »Unter der Wasserlinie!«

Also kommt die Familie nach Südamerika. Wo diese Reise um ein Haar beendet worden wäre, noch bevor es losging. Die Liegezeit in einer Werft war mühevoll, heiß, unschön. Reparaturen am Rumpf kaum möglich. Am Ende entschieden sie sich für eine drastische Notreparatur, um überhaupt starten zu können: »Vom Gärtner habe ich eine Schubkarre voll Zement besorgt und den ins Vorschiff gekippt«, beschreibt Michael die Rosskur. »Damit war das Schiff vorne zwar etwas schwer, aber erst mal wieder dicht!« Immerhin, es hielt – bis Kap Horn und weiter.

So erlebt die Familie eine, darin sind sich alle vier einig, wunderschöne Zeit in den Gewässern Patagoniens. Erkundeten die Fjorde Feuerlands, segelten um Kap Horn, die Küste Chiles hinauf. In Puerto Montt schließlich, so einer Art »Gateway to Patagonia« in Chile, reparierten sie ihr Schiff dauerhaft, entfernten den Zement der bis hierher gehalten hatte, schweißten großflächig den Rumpf. Und verkauften es. Das, und der folgende Schiffskauf der nächsten Yacht in Surinam, ist eine Geschichte die eigentlich schon fast ein Buch alleine füllen könnte. Nicht immer waren sich die Eltern und ihre Töchter einig, doch schließlich gelang das Happy End. Vorläufig, denn das Leben geht weiter.

Um es kurz zu machen und um das Lesevergnügen des neuen Buches nicht zu schmälern: Ihr neues Schiff fand die Familie im Dschungel des Amazonas-Deltas. Segelten von dort nach Trinidad um die wichtigsten Dinge zu reparieren, dann durch die Karibik. Dort war es nicht immer einfach die Balance zu finden zwischen Schiff restaurieren und schön machen, arbeiten und Geld verdienen und Kinder unterrichten und last aber auf keinen Fall least auch noch das Segeln und die Karibik zu genießen. Schließlich segelten sie zurück nach Deutschland, wo die Segelfamilie in Flensburg einen vorläufigen Heimathafen gefunden hat.

Hier endet das Buch das auch deswegen so spannend ist weil es keine der üblichen »Wir nehmen ein Jahr Auszeit« Geschichten ist, kein typisches Sabbatical mit anschließender »Zurück-in-den-Job-und-in-das-alte-Leben-Garantie«. Das Leben, wie gesagt, geht weiter und in diesem Falle spielt das Langfahrtsegeln immer eine zentrale Rolle darin. Dies ist der Status Quo: Nathalie Müller arbeitet als Ärztin an Land. Die Töchter gehen zur Schule. Michael Wnuk kümmert sich um das Schiff und um seine Firma, www.Lunatronic.net, über die er Kommunikationssysteme für Yachten anbietet und verkauft. Fahrtensegler in allen Teilen der Welt haben sich schon ihre Schiffe so von ihm ausrüsten lassen, dass sie optimal und kosteneffektiv von unterwegs mit der Welt verbunden bleiben, per Telefon, E-Mail, Internet und was auch immer, dazu stets die besten Wetterinfos beziehen können. Als weiteren Service bietet Lunatronic auch Lösungen für die Stromerzeugung an Bord an, per Wind und Sonne.

Aber, um einmal beim Buchtitel zu bleiben, Michael Wnuk will natürlich Meer. Segeln. »Nach all diesen Jahren jetzt wieder einen Bürojob an Land zu haben«, sagt der ehemalige Inhaber einer Werbeagentur, »das ist absolut undenkbar!«

Er wird also wieder segeln, lange, abenteuerliche Törns zum Beispiel nach Spitzbergen. Mit ausgewählten Gästen an Bord. »Es geht mir darum, dass die Menschen an Bord zusammen passen«, sagt er. »Schließlich wollen alle gemeinsam Spaß an der Sache haben.« Das Schiff, die »Marlin«, ist groß und schnell und komfortabel, auch, weil nur maximal vier Gäste mitsegeln. Allerdings ist es keine Kreuzfahrt: »Ich bin nicht der Typ, der hier die Drinks serviert«, sagt Wnuk lachend. So werden diese Reisen keine Luxuscharter mit Wellnessprogramm, sondern ganz einfach sportlich anspruchsvolle Langfahrten mit einer Crew, die das Schiff gemeinsam segelt. Die Resonanz ist jedenfalls gewaltig, immerhin hat die Familie Wnuk-Müller ja eine große Fan-Gemeinde in ihrer Blog Community.

Skipper in Oragne

Und was machen die Mädchen der Familie derweil? Nathalie Müller lächelt nachdenklich. »Theoretisch bin ich jetzt erst einmal an Land. Aber wenn man einmal so lange segelnd unterwegs war, dann bist du nie ganz frei davon zu überlegen: Was wäre, wenn wir nach der 7. Klasse der älteren Tochter noch mal ein Jahr lang weggehen? Oder was wäre, wenn ich meinen Facharzt gemacht habe, dann muss ich mich sowieso noch einmal beruflich umorientieren, dann könnte man ja auch noch mal ein Jahr unterwegs sein? So ganz durch mit dem Thema ist man nie. Wir haben insgesamt neun Jahre an Bord gelebt und waren unterwegs. Das will man dann immer wieder machen!«

 

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