Herman Melville wurde erst gefeiert, dann umstritten und schließlich fast 100 Jahre lang vergessen: Sein Meisterwerk „Moby-Dick“ war zu seiner Zeit ein kommerzieller Misserfolg, aber trotzdem – oder gerade darum – zählt der Romancier und Autor Herman Melville heute zu den bedeutendsten amerikanischen Schriftstellern.
Von Stefan Detjen
Call me Ismael – so beginnt „Moby-Dick. The Whale”, einer der wichtigsten Romane der Weltliteratur. Kaum vorstellbar, aber das heute weltbekannte Werk verkaufte sich bei seinem Erscheinen nur 3000 mal. Von der Kritik mehrheitlich zerrissen und vom Publikum nicht beachtet, verschwand der weiße Wal in der Versenkung. Ein harter Schlag für den erfolgsverwöhnten Autor von „Taipee“ und „Omoo“, der mit seinen Südsee-Erzählungen bereits in
jungen Jahren bekannt und wohlhabend geworden war. Mit den Tantiemen und einem Zuschuss vom Schwiegervater hatte sich der frisch verheiratete Reiseschriftsteller sogar eine Farm im westlichen Massachusetts gekauft.
Das Haus füllte sich bald mit vier Kindern, neben seiner Frau Elizabeth wohnten außerdem Mägde, ein Knecht, Melvilles Mutter, seine Schwestern und seine Schwägerin unter demselben Dach. Herman zog sich ins obere Stockwerk zurück und entwickelte eine regelrechte Schreibwut. Er hoffte, einen neuen Bestseller zu schreiben, doch weitere Erfolge blieben aus. Weder „Moby-Dick“* (1851), noch „Pierre“ (1852) oder „Israel Potter“ (1855) brachten das dringend benötigte Geld, um die Familie über Wasser zu halten. Anstatt Erfolgsbücher schrieb er Prosastücke f…