Abkassiert in Dartmouth. Anlässlich der prunkvollen Krönung von Charles, einer angeblich 100 Millionen Pfund teuren Party in London, hier eine Anekdote von vor vielen Jahren, als meine damalige Gefährtin und ich mit unserem Boot in Südengland waren – und uns dazu genötigt sahen, unseren winzig kleinen Beitrag zum Vermögen von Charles beizutragen…
Es passierte in Dartmouth. Wir waren ja nun schon eine ganze Weile in diesen britischen Gewässern unterwegs und hätten es eigentlich wissen müssen. Jedenfalls segelten wir an einem sonnigen Frühjahrstag in diesen besonders hübschen und sehr romantischen Fluss zwischen den steilen Felsen hindurch hinein, bewunderten die Landschaft und machten unsere „Enterprise“ dann an einem Schwimmsteg mitten im Fluss fest. Ein großes Schild auf unserem Ponton verkündete uns, dass wir am nächsten Morgen spätestens um punkt 08.45 Uhr abzulegen hätten, da dies tagsüber der Anleger für die Fährboote sei, und dass die Liegegebühren für Schiffe unserer Größe fünf Pfund betragen würden. Tja, dachten wir uns, fünf Pfund für einen kommerziellen Fähranleger mitten im Fluss zu verlangen, den man frühmorgens verlassen muss und auf dem es ansonsten keinerlei Einrichtungen gibt, ist zwar schon etwas frech, aber auf das Zahlen teurer Gebühren hatte man uns in England ja bereits konditioniert.
Am nächsten Morgen kam denn auch ein junger Mann daher um zu kassieren.
„Good morning, Sir“, sagte er und eröffnete damit die Feindseligkeiten in einigermaßen zivilisierter Art. „Das macht dann, ähm, zehn Pfund, bitte!“
Ich lächelte überlegen und wies auf das Schild. „Sollten es nicht fünf Pfund sein?“
„Ja. Fünf Pfund, um am Ponton zu liegen, plus fünf Pfund Gebühren, um auf dem Fluss zu sein.“
Moment mal – eine Eintrittsgebühr für einen natürlichen Fluss? „Also ist der Fluss Privateigentum?“ Ich kam mir schon sehr clever vor, in einer solch absurden Situation noch zum Scherzen aufgelegt zu sein.
„Ja, ist er in der Tat“, sagte der junge Mann ohne dabei eine Miene zu verziehen. „Er gehört Prinz Charles und seiner Grafschaft von Cornwall.“
Dartmouth, in der Mündung des idyllischen River Dart. Fotos: Unsplash, Raoul du Plessis (ganz oben) und Zach Pickering
Ich starrte ihn an. Also okay, fünf Pfund für diesen Scherz, und als nichts anderes kann man das ja betrachten, ist vielleicht nicht zu viel verlangt. Außerdem muss man natürlich die hohen Kosten für den königlichen Lebensstil von Charles und Camilla mit in Betracht ziehen, und da erscheint es ja nur ganz natürlich, die Segler aus fremden Ländern dafür zur Kasse zu bitten… irgendwie kam uns das alles sehr surreal vor. Beim Fahrtensegeln in Norwegen hat uns jedenfalls niemand irgendwo fürs Ankern zahlen lassen, um König Haralds neue Rennyacht zu finanzieren. Ebenso wenig würden wir damit rechnen, einen Beitrag zu Juan Carlos‘ neuestem IMS-Renner leisten zu müssen, indem wir unseren Haken irgendwo vor Ibiza fallen lassen. Aber immerhin sind dies ja auch Seglerkollegen, vielleicht liegt darin ja der Unterschied…
Ich deutete an, dass Großbritannien im Laufe seiner langen und turbulenten Geschichte vielleicht auch einmal eine anständige Revolution nötig gehabt hätte, um derartig mittelalterliche Besitzverhältnisse zu korrigieren – und zu meinem Erstaunen gab mir der junge Mann direkt recht. Er ging dann sogar noch so weit zu sagen, dass sich alle Besucher aus anderen Ländern, speziell aus Kontinentaleuropa, über diesen Sachverhalt mokieren würden. Doch an den zehn Pfund war trotzdem nicht zu rütteln, denn das war nun einmal so festgeschrieben und schließlich gehören die Engländer zu den obrigkeitshörigsten Menschen Westeuropas.
Als wir Richtung Falmouth weiter segelten, rekapitulierten wir. Im Naturhafen von Chichester Harbour war es ganz genauso gewesen – wir hatten bezahlen müssen, nur für das Privileg, überhaupt in diesen Gewässern zu sein. Marinagebühren kamen selbstverständlich noch immer obendrauf. Allerdings hatte der freundliche und ganz untypische Piermeister in dem schönen alten Ort Bosham das zum Teil wieder wett gemacht: „Was, ihr seid so früh im Jahr schon aus Deutschland hierher gesegelt? Dann zahlt ihr nichts!“, hatte er verkündet. Aber dann: Beaulieu River? Wieder diese Eintrittsgebühr für den Fluss, der diesmal einem gewissen Lord Montagu gehört. Newtown auf der Isle of Wight? Dito, auch hier ein Naturhafen mit Eintrittsgeld, egal, ob man ankert oder an einer Tonne festmacht, nur hier ist es der „National Trust“, der kassiert. Und schon bald mussten wir lernen das Falmouth, mit seinem riesigen und wunderhübschen Naturhafen, ebenso verfault ist: Finde eine geschützte Bucht, sc…