Die Bretagne im Winter kann wild, nass und windig sein. Das klingt nicht gerade nach einem guten Ort, um die kalte Jahreszeit an Bord zu verbringen. Aber gerade die Südbretagne hat zum Überwintern einiges für sich!
Als ich im vergangenen Sommer nach vielen Jahren endlich mal wieder in die Bretagne segelte und dort Wochenlang blieb, war ich erneut so begeistert, dass ich auch gleich den ganzen Winter dort verbringen wollte. In einer der vielen Küstenstädte überwintern und an Bord leben, in einer ganz eigenen Atmosphäre in einem geschützten und belebten Hafen, das hatte einen großen Reiz. Leider kam es dann, aus verschiedenen persönlichen Gründen, etwas anders und ich segelte im Herbst noch ein Stück zurück, bis nach Zeeland. Dazu an anderer Stelle hier mehr.
Für viele mag die Bretagne wie das Ende der Welt erscheinen. Diese Vorstellung geht auf die Römer zurück, die die westlichste Provinz der Bretagne Finisterrae nannten, was wörtlich „Ende des Landes“ bedeutet. Vielleicht ist es nicht weiter überraschend, dass die Bretonen das etwas anders sehen. Der bretonische Name für diesen wilden Küstenabschnitt ist Penn ar bed, was so viel wie „der Anfang der Welt“ bedeutet. Ich selbst neige auch eher zu dieser letzteren Auffassung. Die gesamte Region verfügt über ein unglaublich reiches kulturelles Erbe, das sowohl in der maritimen Geschichte als auch in der Musik, der Poesie und den Künsten vieler anderer Bereiche lebendig gehalten wird. Brest ist nach Paris die Stadt in Frankreich mit den meisten Theatern im Verhältnis zu den Einwohnern und auch mit einigen der avantgardistischsten Aufführungen. Jede Stadt, jedes Dorf und jeder Marktflecken haben ihre eigenen Feste, vor allem im Sommer, aber viele eben auch im Winter. Das ist die Zeit des Jahres, in der die Einheimischen nach dem arbeitsreichen Sommer wieder enger zusammenrücken. Und ich wage zu behaupten, dass jeder, der im Winter auf einem Boot in einer von der Seefahrt geprägten Stadt wie zum Beispiel Douarnenez lebt, wahrscheinlich bald zumindest einen Teil des gesellschaftlichen Lebens an Land miterleben wird. Das Leben in einem bretonischen Winter ist langsam und gemütlich, unbeeindruckt von den Aktivitäten des Sommers. Das wiederum macht es viel einfacher, Kontakt zu den Einheimischen zu finden.
Die Ile aux Moines im Morbihan, Südbretagne
Die Wahl des Überwinterungshafens
Um den besten Liegeplatz für die Überwinterung zu finden, bedarf es einiger Überlegung und Planung im Voraus. Viele Boote bleiben im Winter im Wasser, und die Liegeplätze in den beliebtesten Häfen sind in der Regel schon lange im Voraus ausgebucht, oft schon Monate vor November, dem Monat, ab dem die Wintertarife gelten.
Dies sind die grundlegenden Überlegungen zur Hafenwahl. Vor allem sollte der Hafen wirklich geschützt sein. Winterstürme können in diesem Teil der Welt sehr heftig sein und auch in Häfen Schäden verursachen. Viele, wenn nicht sogar die meisten Häfen in der Bretagne befinden sich hinter Schleusen, was sie schon mal ziemlich sicher macht. Andere aber haben nur eine Schwelle in der Einfahrt, die zu bestimmten Zeiten um Hochwasser herum passiert werden kann und bei ablaufendem Wasser immer weiter „wächst“. Das ist im Sommer in Ordnung ist, aber weniger beruhigend, wenn die Winterstürme aufziehen. Und einige Orte liegen weit im Landesinneren, wie etwa Port Launay, was sie völlig sicher macht. Es sei denn, die Flüsse schwellen im Winter zu stark an und treten über die Ufer, was dann natürlich wiederum ein Problem wäre.
Auch berücksichtigt werden sollte die Erreichbarkeit des Hafens, sowohl über Land als auch per Boot, vom oder zum Meer. Letzteres mag einem für den Winter als nicht so wichtig erscheinen. Aber auch im Winter wird es, vor allem in der Südbretagne, immer mal wieder ein paar schöne Segeltage geben. Dann ist es schon schön, wenn man die Leinen lösen und ohne allzu großen Aufwand einen oder zwei Tage segeln kann um die winterliche Monotonie zu brechen. Wie einfach das dann geht ist vor allem eine Frage der Schleusen und der Gezeiten, aber auch, wie weit landeinwärts oder flussaufwärts das Boot liegt.
Regelmäßig verkehrende öffentliche Verkehrsmittel in der Nähe sind ein offensichtlicher Vorteil, wenn man irgendwann auf dem Landweg nach Hause reisen möchte oder wenn Freunde oder Verwandte zu Besuch kommen wollen. Die Nähe zur Bahn oder besser noch direkt zu einer TGV-Bahnlinie ist sehr hilfreich, obwohl man sich des zentralisierten französischen Bahnnetzes bewusst sein sollte. Buchstäblich jede Verbindung führt über Paris, und oft muss man dort nicht nur umsteigen, sondern auch mit der Metro von einem Fernbahnhof zum anderen fahren. Wer zum Beispiel mit dem Zug von Brest nach Nantes fahren will, kann mit der Bahn nicht den mehr oder weniger direkten Weg entlang der Küste nehmen, sondern muss erst nach Paris fahren und dann von dort nach Nantes.
Ein unbedingtes „Muss“ ist eine Stadt in der Nähe, die auch im Winter bewohnt und belebt ist. Nicht nur für das kulturelle Leben, sondern auch für die Grundbedürfnisse wie Einkaufen, Bars und Restaurants. Dabei sollte es sich um eine mittelgroße Stadt handeln, vielleicht das regionale Zentrum, und nicht um einen Sommer-Hotspot, der im Winter oft mehr oder weniger ausgestorben ist. Das gilt auch für die sehr attraktiven Inseln vor der südbretonischen Küste. Im Winter fände ich sie ein wenig zu abgelegen und menschenleer.
Aber Ildut, bei Brest
Nord- oder Südbretagne?
Das mag eine Frage der persönlichen Vorliebe sein, für mich spricht mehr für die Südbretagne. Vor allem das Wetter, das im Winter meist dann doch deutlich schöner und milder ist. Außerdem gibt es an der südbretonischen Küste einige schöne Städte und Häfen, die auf meiner persönlichen Favoritenliste ganz oben stehen. Im Norden käme für mich einzig Morlaix als Überwinterungshafen in Betracht: eine lebhafte Stadt mit einem großen Yachthafen und einer freundlichen Yachtszene. Allerdings liegt Morlaix in einem tiefen Tal und ist als Regenloch verrufen. Dafür weit flussaufwärts vom Meer, der Hafen zusätzlich noch hinter einer Schleuse und so vollkommen geschützt. Ein weiterer Pluspunkt sind die sehr moderaten Liegeplatzgebühren im Winter, die in der Südbretagne deutlich höher sind. Allerdings sind die Wintertarife auch in südbretonischen Häfen wie Brest oder Vannes durchaus akzeptabel. Vor allem im Vergleich zu den Tarifen noch weiter im Süden…
Mikro-Segelreviere
Sowohl der riesige Naturhafen der Rade de Brest als auch der Golf von Morbihan sind interessante Segelreviere, die man selbst im Winter gut erkunden kann, wenn die Bedingungen auf See und entlang der Küste zu rau sind. Port Launay an der Aulne in der Rade de Brest ist ein nicht mehr ganz geheimer „Geheimtpp“ als Überwinterungshafen. Die Liegeplätze sind jedoch längsseits an einem öffentlichen Kai, was kein Problem ist, solange jemand an Bord ist. Aber ich würde zögern, das Boot hier unbeaufsichtigt zu lassen. In der Rade de Brest gibt es mehrere schöne Ankerplätze und kleine Dörfer, die natürlich auch in der Nebensaison besucht werden können, aber nicht wirklich für einen längeren Aufenthalt geeignet sind. Dafür sind die beiden großen Yachthäfen von Brest bestens geeignet. Der Yachthafen Moulin Blanc ist der etwas billigere von beiden und liegt etwas außerhalb der Stadt, ist aber durch regelmäßige Busverbindungen gut angebunden. Der andere, Marina du Château, liegt in der Nähe des Stadtzentrums, ist kleiner und etwas teurer. Beide sind angenehm und bieten alle Einrichtungen. Die Qual der Wahl!
Marina Moulin Blanc, Brest
Bevorzugte Orte zum Überwintern an Bord
Auf meiner persönlichen Liste der bevorzugten Überwinterungsplätze steht Brest ganz oben, auch im Sommer habe ich mein Boot dort einige Wochen lang liegen gehabt. Der Yachthafen Moulin Blanc ist eine sehr gute Option, um das Boot
auch mal unbeaufsichtigt liegen zu lassen, entweder im Wasser oder such an Land. Etwas weiter südlich liegt Douarnenez, eine wunderschöne, lebhafte Stadt mit einem Hafenbecken hinter einer Schleuse und in der Nähe des Stadtzentrums. Douarnenez ist jedoch auch sehr beliebt und um einen Winterliegeplatz zu bekommen, muss man Monate im Voraus reservieren. Ich hatte mich im Juli letzten Jahres beim Hafenbüro um einen Winterliegeplatz beworben und wurde im September darüber informiert, dass ich zu weit unten auf der Liste stehe und alle Plätze vergeben seien. Erst als ich im Oktober schon auf dem Weg nach Holland war, wurde ich erneut kontaktiert, ob ich noch interessiert sei – offenbar war jemand von der Liste abgesprungen.
Vannes, im Winter…
Ein weiterer erstklassiger Winterha…