Köttbullar und Zimtschnecken. Von mir aus auch noch Hummer, das „schwarze Gold“ der Westküste. All das und mehr, Krebse zum Beispiel, verbinde ich mit dem kulinarischen Schweden. Aber Wein? In einem kalten und kargen Land hoch im Norden? Das kann doch nicht sein?
Kann es eben doch. Seit der letzten Jahrtausendwende erst ist Schweden von der EU offiziell als Land für den Weinanbau anerkannt. Mittlerweile gibt es schon über 100 Weingüter im hohen Norden, und einige davon produzieren sehr gut trinkbare Weine, die auch im Vergleich mit der Konkurrenz aus dem sonnigen Süden bestehen. Trotz des kühlen Klimas funktioniert der schwedische Weinbau dank innovativer Methoden und kälteresistenter Rebsorten wie Solaris, die hervorragende Weißweine hervorbringt. Rondo und Cabernet Cortis liefern hochwertige Rot- und Roséweine, während Seyval Blanc und Mertzling besonders für Schaumweine geeignet sind. Die vielfältige Geologie Schwedens verleiht den Weinen einzigartige Nuancen, die sich je nach Region und Boden – von Kalkstein in Skåne bis Granit in Blekinge – deutlich unterscheiden. Diese geologischen Unterschiede im Wein werden umso deutlicher, je älter die Reben sind.
Einige Weingüter liegen an den Küsten und in der Nähe von Häfen in unserem beliebten Segelrevier Schweden. Neben Besichtigungen und Weinproben haben mehrere auch ein angeschlossenes Restaurant oder sogar Übernachtungsmöglichkeiten. Der Törn zum Weingut, das ist nun also nicht mehr nur auf Frankreich oder das Mittelmeer beschränkt. Sondern auch in der Ostsee möglich. Übrigens auch in Dänemark, aber das ist ein anderes Thema, welches hier ebenfalls bald behandelt wird.
Diese drei schwedischen Weingüter eignen sich besonders gut für einen Besuch im Rahmen des Ostsee-Törns:
Kullabergs Vingård. Beim diesjährigen Swedish Wine Tasting wurden schwedische Weine gegen einige der besten Weine Europas getestet. Einige der einflussreichsten Sommeliers und Weinkritiker der Welt verkosteten 24 Weine, darunter 12 schwedische und 12 europäische Weine. Die Weine wurden nach Stil und Preis ausgewählt, um eine Vergleichbarkeit mit den schwedischen Weinen zu gewährleisten. Nach zwei Stunden intensiver Verkostung stand fest: Schwedische Weine können im internationalen Wettbewerb bestehen. Für Kullabergs Vingård aus Skåne war die Veranstaltung ein großer Erfolg. Ihr Wein „Immelen“ belegte den ersten Platz und überzeugte die internationale Expertenjury. Das kann man nun auf dem Weingut selber nachprüfen, in der Weinbar „Skänken“. Kullabergs Vingård liegt auf der Halinsel Kullaberg, nördlich von Helsingborg, mit mehreren Häfen in der Nähe. Größere Häfen sind Höganäs (34 Minuten per Bus 222) im Süden und Mölle (14 Minuten per Bus 222) im Norden, kleinere Häfen sind Lerhamn (1,3 Kilometer entfernt) oder Arild (43 Minuten per Bus).
Ästad Vingård. Neben Weinverkostungen werden hier auch ein Spa-Erlebnis mit heißen und kalten Bädern, einer Unterwassersauna sowie zwei Restaurants geboten. Die Übernachtungsmöglichkeiten reichen von Suiten mit eigenem Spa bis hin zu gemütlichen Blockhütten. Dafür lohnt es sich schon mal, etwa eine halbe Stunde (per Leihwagen) oder per Bus in 46 Minuten von Varberg aus ins Land zu fahren. Der Hafen Treäslövslage ist etwas näher am Weingut, per Bus muss man dennoch über Varberg fahren.
Vejby Vingård. Beeindruckend ist der alte Weinkeller im georgianischen Stil. Der Winzer und ehemalige Architekt Jeppe Appelin widersetzte sich der Norm, Weißweine zu bevorzugen, und produzierte kräftige Rot-, Rosé- und Orangeweine. Das Weingut bietet Führungen und ausführliche Verkostungen an. Der nahe gelegene Hafen Vejbystrand ist leider nur klein und hat offiziell zwei Meter Wassertiefe, neigt jedoch zur Versandung. Aktuelle Informationen zur Wassertiefe gibt es beim Hafenmeister unter +46 703 88 14 44. Dafür ist das Weingut nur 1,2 Kilometer, also etwa 20 Minuten zu Fuß, vom Hafen entfernt.
Zum Abschluss machen wir doch noch einen Schlenker Richtung Frankreich – beim Thema Wein ist das ja so gut wie unvermeidbar: „Gott hat nur Wasser gemacht, der Mensch hingegen Wein“. Schrieb Victor Hugo (1802 – 1885), der vielleicht berühmteste französische Schriftsteller – jedenfalls wenn es nach der Anzahl der nach ihm benannten Straßen geht.