Auch Satelliten leben gefährlich, zu diesen Zeiten, in denen ja nichts Unmögliches mehr unmöglich ist. Dabei müssen sie nicht einmal zerschossen oder abgeschaltet werden, auch Störsender erfüllen hier offenbar ihre niederträchtigen Zwecke und fatale Kollisionen mit umhersegelndem Weltraumschrott liegen ebenfalls im Bereich des Denkbaren. Selbst besonders starke Sonnenstürme können sich negativ auf das Funktionieren der Satelliten auswirken. Welch ein Szenario: Eben noch segelt man gemütlich dahin, immer schön mit dem Auge auf dem Display des Plotters, eingelullt in navigatorisch vermeintlicher Sicherheit – und dann das: Ausfall des GPS wegen Malaise der Satelliten. Kein Standort mehr, keine Peilung, keine Ahnung.
Was hilft, in derart unsicheren Zeiten? Navigieren können, auch ohne Hilfe aus dem Weltraum, wäre schon mal nicht schlecht. Jedenfalls in diesem konkreten Beispiel. Etwas weiter gefasst könnte es auch hilfreich sein, sich zwar keine elektronische, dafür aber mentale Unterstützung aus dem Weltall zu holen. Meditation, um nicht gleich vollkommen verrückt zu werden und, so paradox das auch klingt, geerdet zu bleiben. Und um gleich noch eins draufzusetzen: um geerdet zu werden muss man nicht an Land sein. Im Gegenteil.
Segeln selbst kann die beste Form der Meditation sein. Ein bewusstes Lenken der Aufmerksamkeit, um sich mental mit dem Hier-und-Jetzt, aber auch dem Universum zu verbinden. Besonders der Zen Buddhismus ließe sich gut mit dem Segeln vereinbaren, denn hier werden ja die verschiedensten Tätigkeiten in mentaler Präsenz und Achtsamkeit verrichtet, um eine meditative Geisteshaltung zu üben. Gut geeignet um ein wenig zu meditieren sind natürlich auch anhaltende Flauten, jedenfalls solange nicht gleich der Motor angeworfen wird. Oder das wundervoll leichte Dahinsegeln bei schönem Wetter und freundlicher Brise, weit draußen auf See, mit ringsum leeren Horizont und dem Blick intensiv auf das faszinierende Spiel der Wellen gerichtet…
In jedem Fall, also ganz unabhängig von der tatsächlichen Art der Meditation, soll deren Übung nachhaltig positive Veränderungen im Denken, Fühlen und Erleben bewirken. Das kann ich uneingeschränkt auch über das Segeln sagen. Wie eine Freundin einmal ganz zutreffend zu mir meinte: „Sowie wir an Bord und unterwegs sind, bist du wie ein anderer Mensch, so froh und zufrieden…!“ Tatsächlich sind positive Auswirkungen der Mediation auf die psychische Gesundheit wissenschaftlich belegt. Für das Segeln steht ein solcher Beweis noch aus, aber ich bin mir absolut sicher, dass dies auch hier zutrifft.
Verlockend sind auch die Fantasien von völliger Autarkie an Bord, nicht mehr angewiesen zu sein auf landbasierte Versorgungs-Infrastruktur. Sondern die benötigte Energie und vielleicht sogar das Trinkwasser selbst generieren zu können. Technisch ist das ja überhaupt kein Problem mehr: Kompakte Solaranlagen, Wind- und Schleppgeneratoren erzeugen potenziell jede Menge Strom und auch Wasser-Entsalzungsanlagen findet man auf immer mehr Yachten.
Nur bei der Navigation bleibt man dann doch lieber von externen Systemen abhängig. Warum? Ganz einfach. Wer auch navigatorisch autark sein möchte, muss sich Wissen und Erfahrung aneignen, statt einfach nur Ausrüstung zu kaufen.
Die eleganteste und auch schwierigste Form der Zen-Navigation wäre die Bestimmung der Schiffsposition mithilfe der Himmelskörper. Astronavigation als direkte Verbindung mit dem Universum, sozusagen. Allerdings ist dies in Küstengewässern nicht so einfach, man braucht dazu einen freien Horizont und den findet man auf der Ost- oder Nordsee nicht so schnell. Was braucht man noch? Einen Sextant, die nötigen Tafeln und Bobby als Buch (Schenk: „Astronavigation ohne Formeln, Praxisnah“). Sowie jede Menge Übung. Doch die gehört auch zur Meditation.