Dass Frauen segeln, ist doch eigentlich selbstverständlich und nicht weiter der Rede wert. Oder? Das zeigt doch auch dieses Buch, nämlich 30 Portraits von außergewöhnlichen Seglerinnen. Aber wenn das so normal wäre – warum gibt es dann dieses Buch? Und warum gibt es dann nicht das Buch über Männer, die segeln? Immerhin, olympisches Segeln ist auch eine Damensportart. Und es hat auch schon einige berühmte Hochseeheldinnen gegeben, die in diesem Buch auch vorgestellt werden. Andererseits ist im gerade gestarteten Vendée Globe Weltrennen dieses Mal keine Frau dabei. Dafür bemüht sich das Volvo Ocean Race darum, mehr Frauen in die, jetzt auch gemischt erlaubten, Crews zu bekommen. Aber man bemüht sich eben immer noch darum, es werden spezielle Regeln erdacht, so ganz und gar selbstverständlich kann es dann eben doch nicht sein. Ebenso, wie die Frauencrew vom „Team SCA“ im letzten Volvo Ocean Race: Immer noch etwas Außergewöhnliches.
Ganz zu schweigen vom Alltag der Hobby- und Fahrtensegler-innen. Einerseits beklagen sich viele Männer darüber wie schwer es sei, segelbegeisterte Frauen als Partnerinnen zu finden. Andererseits muss man immer wieder mit ansehen, wie sich scheinbar überholte Rollenverteilungen auch an Bord fortsetzen: Der Mann kommandiert am Ruder, die Frau darf die Arbeit auf dem Vordeck erledigen – und wehe, es klappt nicht so, wie der Machokapitän sich das vorstellt. Daher gibt es ja auch immer wieder reine Frauencrews, und vor diesem Hintergrund kann man gut verstehen, warum – aber all das zeigt: So ganz gleichberechtigt und selbstverständlich, wie man sich das als moderner Mensch (und Mann – ja, das gibt es: Mensch und Mann!) gerne wünschen würde, scheint das alles noch nicht zu sein. Aber natürlich gab und gibt es auch viele glückliche Partnerschaften an Bord, vielleicht sollte man auch darüber mal ein Buch schreiben. Eine ganz besondere Frau hat es getan, das ist ebenfalls vor kurzem erschienen: Angelika Gebhard über ihre Weltumsegelung mit ihrem Mann Rollo Gebard. Mehr über das Buch in wenigen Tagen hier an dieser Stelle…
Und dann denke man mal ein paar Jahrzehnte zurück. Damals war Segeln ja wirklich noch ein Schutzgehege für Männer, die mit Frauen nichts anzufangen wussten. Auch aus jeder Zeit werden in diesem Buch einige sehr mutige Pionierinnen vorgestellt. Dazu ein Auszug aus dem Verlagstext: „Zum Beispiel Käthe Bruns, die sich bereits im 19. Jahrhundert nur ein Leben unter Segeln vorstellen konnte und sich nicht davon beirren ließ, dass sie als „Backfisch an Bord“ verspottet wurde. Virginie Hériot war 1928 Weltmeisterin und Olympiasiegerin. Sie starb auf See, so wie ihre Landsfrau Florence Arthaud. Oder Isabelle Autissier, die erste Regatta-Dame, die sich in einer skeptischen Männer-Domäne behauptet hat. Oder Sarah Ayton, die erste Olympiasiegerin in der Yngling-Klasse. Dann Dee Caffari, die als erste Frau einhändig die Welt umsegelt hat. Gudrun Calligaro war dann die erste Deutsche, der dies gelang, und Tania Aebi die erste US-Amerikanerin. Eine hübsche Lady übrigens, so wie auch Laura Dekker, die jüngste, der dieses Wagestück gelang. Nicht zu vergessen Grace O’Malley, die hochgebildete irische Piratenkönigin und sagenhafte Volksheldin des 16. Jahrhunderts.“
Fazit: Frauen, die segeln ist ein klasse Buch. Sehr lesbar, sehr informativ und sehr inspirierend – und das nicht nur für Frauen. Denn von diesen hier portraitierten Frauen kann sich auch der durchschnittliche Kerl so einiges abgucken und lernen. 30 kurze Stories, mehr journalistisch als literarisch, von denen man sehr gut immer mal wieder die eine oder andere lesen kann.
Aktuell fehlt höchstens Mareike Guhr in diesem Buch, die sich auf sehr kreative und wirklich nicht gerade bequeme Weise ihren Lebenstraum der Weltumsegelung auch ohne eigenes Boot verwirklichst hat. Eine tolle Frau. Aber eine wie sie wäre eben auch ein toller Mann. Und das gilt vermutlich auch für alle in diesem Buch portraitierten Frauen…
Hier geht es zum Buch „Blau, Türkis, Grün” von Mareike Guhr
Dieses Buch ist leider nur noch antiquarisch erhältlich