„Vor der Reise habe ich mich immer wieder gefragt, wann so ein Urlaub beginnt. Beim ersten Gedanken daran? Beim Packen? Beim Stauen? Beim Auslaufen? Beim ´Betreten´ der Ostsee oder gar erst, wenn wir Deutschland verlassen?“
Egal, ob das Abenteuer letztlich vor oder nach dem Ablegen am 9. April in Hamburg in den Köpfen von Sönke Roever und Helmut Adwiraah begonnen hat. Auf jeden Fall stellt sich bei den beiden Aussteigern auf Zeit bald die erhoffte Unbekümmertheit ein. „Unser unkompliziertes Leben führt dazu, dass wir ausgeglichen sind und die Stimmung gut ist. Wir fühlen uns wohl und leben einfach in den Tag hinein. Jeder Tag ist ein Samstag“, notiert Roever schon bald in sein Logbuch, das als Basis für „Auszeit unter Segeln“ dient.
Die beiden Freunde kennen sich von Kindesbeinen an und segeln schon seit Jahren zusammen. Als Spross einer Segler-Familie bekommt Roever von seinen Eltern schon früh ein altes Boot, das er restauriert. So ist er schon als 17-Jähriger auf dem eigenen Schiff unterwegs und startet als 21-Jähriger seinen ersten Törn auf seinem zweiten Schiff, der Ohlson 8:8 „Hippopotamus“.
Das „Nilpferd“ bringt die Zwei-Mann-Crew und ihre wechselnden Mitsegler auch in fünf Monaten gegen den Uhrzeigersinn um die Ostsee. Neun Anrainerstaaten werden entlang der baltischen Küsten zum nördlichsten Punkt der Ostsee, über den schwedischen Götakanal und die norwegische Hauptstadt Oslo zurück nach Hamburg angelaufen.
Roever beschreibt in seinem ersten Buch die – letztlich doch häufig sehr ähnlichen – Tage an Bord erfreulich kurz. Mehr Augenmerk legt er auf seine Begegnungen mit Einheimischen (etwa das Heiratsangebot einer Polin an seinen Mitsegler) und den Umgang mit den Behörden. Ergänzt durch Landschaftsbeschreibungen und umfangreiche Hintergrundinformationen aus Reiseführern, Infobroschüren oder von Ortskundigen, entsteht so ein kurzweiliger Reisebericht „ganz normaler“ Ostseesegler. Gerade das Eingestehen von Schwächen (etwa das erlösende Weinen nach der geglückten Bergung oder das Auskurieren eines Katers nach dem Diskobesuch) und das sich-selbst-nicht-zu-ernst-nehmen machen das Buch so sympathisch.
Über die Tatsache, dass mehr motort als gesegelt wurde, mag sich mancher Salzbuckel empören. Und auch das häufig genannte, nicht sehr originelle „mittendrin statt nur dabei“-Törnmotto nervt ab und an. Insgesamt ist Roever aber ein Segelbuch gelungen, das sich wohltuend von den vielen „Heldenberichten“ abhebt.
Mit ordentlichen Fotos, der Erklärung von seglerischen Fachbegriffen direkt im Text und einem Anhang mit Infos über Schiff, Ausrüstung und Kosten der Reise eignet sich das Buch für mehrere Lesergruppen. Jene, die einfach einen humorvollen, abwechslungsreichen Reisebericht lesen will, ebenso wie jene, die Anregungen und Tipps für die eigene Törnplanung sucht.
Letztlich beweist „Auszeit unter Segeln“ nämlich vor allem eines: Für das große Abenteuer muss niemand bis ins Südpolarmeer segeln. Es ist auch auf dem altbekannten Hausrevier erlebbar.