Noch ein Weltumseglerbuch. Dieses aber, die Segeljungs, möchte ich sehr empfehlen. Auch, wenn es mich anfangs etwas Mühe gekostet hat: Abenteurlustige Jungs wollen um die Welt segeln. Ohne Ahnung vom Segeln. Haben wir das schon mal irgendwo gehört? Ich muss zugeben, dass mich diese fast schon zur Kunstform erhobene Arglosigkeit durchaus irritiert. Für meinen Teil habe ich habe durchaus Respekt vor der See, nach all diesen Jahren, auch wenn ich solch einen Satz, als Jugendlicher, wohl selbst als Spießig empfunden hätte. Aber es geraten einfach zu viele Ahnungslose in echte Schwierigkeiten.
Ich muss aber zum Glück auch zugeben, dass meine Vorbehalte gegenüber dieser Art des Segelns in diesem Fall unbegründet waren. Und dass ich auch Respekt vor unerschrockenen, mutigen jungen Menschen habe. Allerdings muss ich mich immer noch winden, wenn in einem Segelbuch von „Umparken“ (Boot verholen) oder „Schicht“ (Wache) geschrieben wird. Aber das nur am Rande, vielleicht um den Generationsunterschied zwischen den Segeljungs und mir noch einmal gnadenlos zu verdeutlichen.
Mit ihrem ersten Boot kamen sie immerhin bis in die Karibik, ohne größere Unfälle. Wenn auch nicht ohne die eine oder andere Aufregung und brenzlige Situation, aber in solche geraten auch alte Segler:innen. Ihr Schiff jedoch, welches sie im Überschwang der ersten Begeisterung und wirklich noch ohne Ahnung auf Fehmarn gekauft hatten, erwies sich als weniger zuverlässig als wünschenswert und wohl auch notwendig. Auf wunderbare Weise konnten sie dann jedoch ein neues gebrauchtes Schiff kaufen.
Hier die Passage aus dem Buch dazu: „Als wir die Nachricht mit dem Betreff »neues Schiff« öffneten, konnten wir erst mal nicht glauben, was wir da lasen. In nur wenigen Zeilen und mit lediglich einem einzigen Bild versehen, bot uns ein Zuschauer unserer YouTube-Videos sein siebzehn Meter langes Aluminiumschiff zum Kauf an. Zu einem Preis, der so niedrig war, dass wir uns das Schiff leisten konnten. Sofort war uns klar: Wenn der Mann sich keinen blöden Scherz erlaubte, bedeutete das eine riesige Chance für uns, denn es waren nicht nur die andauernden Probleme mit dem Motor, die uns zu schaffen machten. Die Eira war einfach nie zuverlässig und machte uns seit Tag 1 der Reise ständig Probleme. Wenn mal zwei Wochen lang alles funktionierte, war das eher die Ausnahme, und ein zuverlässigeres Schiff würde uns die Möglichkeit bieten, endlich so reisen zu können, wie wir es wollten.“
Ihr erstes Schiff konnten sie in der Shelter Bay Marina Panama verkaufen. Und den Neustart in Südfrankreich hinlegen, wo das neue Schiff lag. Doch dann waren sie plötzlich nur noch zu zweit an Bord, die Häfte der Stammcrew sprang unterwegs nach und nach ab. Dafür nahmen die verbliebenen zwei, Tim und Vincent, immer mal wieder weitere Mitsegler:innen an Bord. Später, in der Karibik nach der nunmehr zweiten Atlantiküberquerung, gab es Corona-Bedingte Schwierigkeiten. In den Pazifik wollten die beiden auf jeden Fall, nur war Französisch-Polynesien anfangs noch „geschlossen“. Also machten sie einen Abstecher nach Mexico, zur Baja California, der sich offenbar wirklich gelohnt hat. Auch wenn die Reise dorthin schon sehr schwierig war.
Spätestens hier wird deutlich, dass die beiden nicht nur Mut und Standhaftigkeit haben, sondern auch sehr viel offenbar sehr schnell gelernt haben. Vorbei jedenfalls die anfänglichen Zeiten der Arglosigkeit, diese Jungs wissen nun ziemlich genau, was sie tun. Und wie sie es tun. Kurzum, ein Weltumseglerbuch, welches wirklich gut lesbar und interessant ist. Die tiefe Begeisterung nicht nur für das Segeln, sondern auch Tauchen und Entdecken überhaupt kommt sehr gut rüber. Ebenso wie ehrliche Erlebnisse und Erkenntnisse über Freundschaften und Zusammensein an Bord. Was ja vielleicht sogar das größte Abenteuer ist.
Wirklich lesenswert!
Vincent Goymann, geboren 2000 und aufgewachsen im Tölzer Land, umsegelte mit seinem Freund Tim Hund fünf Jahre lang die Welt. Zusammen berichten sie in Vorträgen von ihrem Abenteuer, ein Film ist in Planung. Goymann studiert in Innsbruck Geografie.
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