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Die GFK-Klassiker: Yachten als Kulturgut

GFK-Klassiker Swan 36

Was macht eigentlich der Verein der GFK-Klassiker? Darüber sprach ich vor einiger Zeit mit dem ersten stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins GFK Klassiker, Conny Kästner, an Bord seiner wunderschönen Norlin 37 „Cansas“ – natürlich auch einem echten Klassiker.

 

Detlef Jens: Seit wann gibt es den Verein der GFK-Klassiker, und wie kam es zur Gründung?

Conny Kästner: Den Verein gibt es seit 12 Jahren, hervorgegangen ist er aus der Initiative von Martin Horstbrinck, der schon vor 19 Jahren das erste Mal das Treffen der GFK Klassiker organisiert hat. Damals hieß diese Veranstaltung noch „Modern Classics“. Die Idee war, dass GFK Yachten ja inzwischen klassisch geworden sind, schon durch das Alter, GFK-Yachten gibt es ja seit den 1960er, 1970er Jahren, und die ersten Boote kann man als Klassiker betrachten. Die Idee zu dem Verein ist entstanden, weil der Freundeskreis Klassischer Yachten sich klar abgrenzt und nur Holzboote oder auch Boote aus anderen Materialien unterstützt, aber keine GFK Yachten. So kam die Idee, dass man auch eine Organisation haben müsste, die sich darum kümmert und die älteren GFK Yachten als Kulturgut fördert.

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Conny Kästner

Der Verein ist ja erst sieben Jahre nach dem ersten Modern Classics Treffen gegründet worden. Das war zu einem Zeitpunkt als die Modern Classics im Umfang über das Maß hinaus gewachsen war, was man privat so handeln kann; da hat der Verlag Delius Klasing übernommen, und das einige Jahre veranstaltet. In dieser Zeit hat sich der Kreis, der sich durch die Modern Classics gebildet hatte, eben als Verein organisiert. Weil es das Treffen als Organisationsform nicht mehr gab. Das war der Grund, überhaupt einen Verein zu gründen.

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Aber jetzt organisiert der Verein das Treffen ja wieder selber…

Ganz genau. Delius Klasing hat die Veranstaltung nicht mehr weitergeführt, weil das Sponsoring nicht mehr so funktioniert hat, wie der Verlag sich das vorgestellt hatte.

Das war für die Mitglieder des Vereins ja auch ganz schön, weil es dadurch wieder etwas familiärer und weniger kommerziell wurde. Und der Verein sich wieder auf seine eigentlichen Ziele konzentrieren konnte. Auch die sehr spannende und nie endende Diskussion zu führen, was ein Klassiker eigentlich wirklich ist. Beiträge dazu kann man auch nachlesen, teils im GFK Klassiker Vereinsblatt, teils in unserem gemeinsamen Buch und teilweise auch in weiteren Artikeln hier auf Literaturboot.

Das ist wahr. Bei der Frage was ist ein Klassiker, nicht nur aus GFK, sondern überhaupt, ist die Beurteilung eher subjektiv und liegt tatsächlich auch im Auge des Betrachters. Man kann aber sagen, dass es bestimmte Boote, Fahrzeuge, Häuser, Gegenstände gibt, die einfach wie eine Kinderzeichnung so typisch aussehen, dass die Betrachter sagen: wunderbar. Wir versuchen zu analysieren, was genau dazu führt, dass ein Boot so betrachtet wird? Sind es bestimmte Proportionen, Linien, Größenverhältnisse? Das versuchen wir zu ermitteln, und die Diskussion dazu ist lebhaft.

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Omega 28

Klassisch sein hat nicht unbedingt nur mit Schönheit zu tun? Was muss noch dazu kommen?

Es muss einen bestimmten Widererkennungswert geben, der hängt zusammen mit bestimmten gestalterischen Prinzipien, davon sind wir fest überzeugt. Das haben die Altvorderen schon gewusst, es gibt den Goldenen Schnitt und ähnliche Prinzipien. Wenn beim Entwurf eines Bootes solche Prinzipien beachtet werden, dann wirken diese Boote harmonisch für das menschliche Auge. Ich glaube, das ist schon fast ein Naturgesetz.

In den 1970er Jahren gab es ja auch einige eher abenteuerliche Bootsentwürfe, die Designer und Werften haben da ja erst die Freiheit der Formgebung erkannt, die durch das neue Material GFK möglich wurde, ganz anders als eben in der traditionellen Holzbauweise. In Kunstsoff konnte man ja plötzlich jedes Ei bauen … Und dazu kam noch diese typische Farbgebung der 1970er. Orangene Rümpfe und braune Polster. Heute wird das als typisch für die damalige Zeit gesehen, selbst wenn man aus rein ästhetischen Gründen lieber schreiend davon laufen würde …  

Absolut. Der Zeitgeist spielt immer eine Rolle. Damals waren solche Farben eben der Zeitgeist, und auch das trägt zu einer klassischen Erscheinung bei.

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Najad in Norwegen

Sind Yachten von heute in 40 Jahren dann auch Klassiker?

Wenn in 30 Jahren einige der Schiffe Klassiker sein sollen, die heute so gebaut werden, dann wird mir Angst und Bange! Doch das ist obsolet, denn der Verein behandelt nur Yachten, die im 20. Jahrhundert gebaut wurden, also vor dem Jahr 2000. Aber neulich haben wir in einer Diskussion festgestellt, dass es nicht nur mit dem 20. Jahrhindert zu tun hat, sondern dass es einen Wechsel im Erscheinungsbild der Boote gegeben hat mit dem Beginn der Großserienproduktion und mit der Übernahme der Werften durch Industriekonzerne, durch Kapitalgesellschaften. Die haben völlig andere Interessen als beispielsweise Willy Asmus oder andere Werftbesitzer, die damals Boote gebaut haben, sie hatten. Die haben das noch mit Herzblut gemacht. Und die Konzerne, die wollen eigentlich am Ende nur Rendite sehen. Und so sind dann auch die Boote. Das fand ja auch schon Anfang der 1990er Jahre statt, da war schon der Beginn dieser Veränderung. Bianca ist ein gutes Beispiel, die Bianca Werft wurde dann von einem Finanzkonzern übernommen, ich habe damals den Geschäftsführer noch kennengelernt, und der sagte: Wir haben zum Schluss nur noch Boote für Charterfirmen gebaut. Deshalb sind die ja am Ende auch wieder Pleite gegangen. Weil das Chartermodell in Dänemark plötzlich nicht mehr steuerlich absetzbar war, und damit war die Werft am Ende. Die gestalterische Leidenschaft, ein Boot zu bauen, hat da schon gar nicht mehr stattgefunden.

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Hanseat 70 in der Bretagne

Ganz zu schweigen von der Verantwortung für strukturelle Integrität der Boote. Denn das war ja auch damals schon nicht mehr immer gegeben, nachzulesen im Buch „Pfusch im Detail“ über den GFK Bootsbau der früheren Jahre. Dieses Buch war ursprünglich im Jahre 1987 erschienen und sorgte innerhalb der Bootsbranche für einen Skandal. Nun kann man es wieder kaufen, nämlich über den Verein GFK-Klassiker. Denn dieser ist ja die Interessensvertretung für alle Menschen, die sich für Segelyachten als Kulturgüter im weitesten Sinne begeistern.

Das kann man so sagen. Wir wollen die Leute zusammenbringen, die sich für solche Boote einsetzen, die sie auch selber segeln und ja auch zum großen Teil ihre Lebensfreude daraus schöpfen. Dabei sollen diese Boote als lebendiges Kulturgut erhalten bleiben, also im Wasser bleiben und genutzt und bewegt werden. Dabei wollen wir alle unterstützen mit unseren Ressourcen wie etwa Wissen. Wir legen ein Archiv an mit Informationen wie originalen Prospekten, Büchern, Zeitschriften und anderen Dingen. Neulich hatte jemand eine alte Jeanneau mit einem Kielschaden, und es ist uns gelungen, die Pläne von dem Schiff zu besorgen, damit seine Werft die Kielsanierung fachgerecht durchführen konnte. Wir wollen verhindern, dass alte Boote einfach abgewrackt werden, sondern erhalten bleiben, und dass die Wertschätzung für diese Boote steigt. Ich habe noch zu oft das Gefühl, dass Boote, die ja auch einen hohen kulturellen Wert haben, zu gering geschätzt werden.

Wie sieht es aus mit der Originalität eines Bootes, soll die um jeden Preis erhalten bleiben?

Das ist ein Dauerbrenner in der Diskussion, was kann man im Original erhalten und was nicht? Was sollte man verändern? Als Leitfaden sage ich immer: Veränderungen, die das Erscheinungsbild des Bootes betreffen, würden wir nicht befürworten. Aber Veränderungen, die dem technischen Fortschritt und der Sicherheit dienen, natürlich schon. Das ist ja selbstverständlich, Boote sind Nutzgegenstände, werden mit der Familie bewegt und müssen einfach sicher sein.

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Alberg 35

Der Verein macht auch Workshops zu verschiedenen Themen, es gibt Veranstaltungen und sogar ein vereinseigenes Boot?

Ja, dem Verein wurde aus einem Nachlass eine Jeanneau Sangria überlassen. Wir waren erst kritisch, haben uns das Boot dann aber angesehen und festgestellt, dass es von der Substanz her in gutem Zustand war. So haben wir uns dazu entschlossen, es zu übernehmen. Seit einiger Zeit machen wir einen Refit und versuchen dort die Ideen, die wir entwickeln, auch praktisch umzusetzen. Wenn das Boot wieder schwimmt, soll es für Jugendsegeln oder Jugendarbeit eingesetzt werden. Das ist das Projekt, wir haben auch Sponsoren, die uns dabei unterstützen und helfen, aber es ist viel Arbeit und wird noch einige Zeit dauern. Doch es ist schon jetzt ein Projekt, wo wir am praktischen Beispiel zeigen können, dass es sich lohnt, solch ein Boot zu restaurieren und zu erhalten. Die Sangria ist tatsächlich ein Meilenstein in der Geschichte des Bootsbaus, weil es das erste Segelboot von Jeanneau war und noch dazu das erste, welches in großer Serie gebaut wurde. 3000 Stück sind davon gebaut worden, und es war ein höchst erfolgreiches Fahrtenschiff. Und wir freuen uns, wenn das Boot fertig wird und wir zeigen können, dass es auch mit kleinem Geld möglich ist, ein Boot zu renovieren und zu segeln. Und jedes Boot, das erhalten wird, ist ja auch ein ökologischer Beitrag. Und das kommt gut an. Wir sind immer noch dabei unsere, Reichweite zu vergrößern, aber es kommen viele Fragen zur Restaurierung und zum Erhalt älterer Boote. Vor den Modern Classics hatte ich Leute auf dem Steg getroffen, die hatten eine ältere Dufour. Die hatten sie frisch gekauft und dann vom Verein und dem Treffen gehört, sind sofort eingetreten und haben am Treffen teilgenommen und dort den Preis gewonnen für das renovierungsbedürftigste Schiff. Dieser Preis ist eine sehr großzügige Materialspende von der Firma „von der Linden“, und im nächsten Jahr kamen die mit ihrem frisch lackierten Schiff wieder! Und das war wirklich großartig, solche Geschichten passieren immer wieder, aber wir wünschen uns noch viel mehr davon, jede dieser Geschichten ist es wert, erzählt zu werden und macht Spaß und zeigt ja auch, dass es richtig ist, was wir machen!

Auf www.gfk-klassiker.de gibt es alle Veröffentlichungen und auch sehr gute Bücher. Darunter „GFK-Yachten des 20.Jahrhunderts“, „Pfusch im Detail“, „Technik unter Deck“, „Elektrik auf Yachten“, und das Logbuch.

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