„Ich hoffe, Sie stöhnen nicht: Oje, noch ein Buch über eine Weltumsegelung!“ Das schreibt mir der Autor, genauer: einer der beiden AutorInnen, und ich kann dazu nur sagen: Tja, es ist eben ein Buch über eine Weltumsegelung. Aber, dies gleich vorweg, es ist auch ein besonderes Buch, sympathisch und lesenswert, und das aus mehreren Gründen.
Geschrieben wurde es von beiden, Sigrid und Dieter Markworth, und alleine das verleiht dem Buch eine interessante Dimension. Aber zuerst noch einmal Dieter Markworth: „Vor 50 Jahren entstand im Eigenbau unser Neun-Meter Fiberglasboot. Nach der Kündigung unserer Beamtenstellungen machten meine Frau und ich uns mit nur zwei Monatsgehältern auf die Reise – mit Petroleumlampen und ohne GPS, Funk, Watermaker, etc. Diverse (sehr interessante) Jobs unterwegs machten die Weiterfahrt immer wieder möglich. Nach drei Jahren vergrößerte sich in Neuseeland die Crew, und unsere Tochter Moana segelte die zweite Hälfte der Weltumseglung zusammen mit uns zurück bis nach Kiel.“ Moana wurde in Neuseeland geboren und hätte die Reise dort auch beenden können … Warum erschien das Buch aber erst so viele Jahre später? Das Erlebte, schreibt Dieter Markworth, habe ihn doch niemals ganz losgelassen.
Und obwohl es, wie gesagt, eben doch ein Weltumseglerbuch ist, habe ich es recht zügig und voller Interesse verschlungen. Das Ganze findet also in den 1970er Jahren statt, zeitlich angesiedelt zwischen den Pionieren der Langfahrtsegler und der Jetztzeit, und schon das alleine macht es für heutige LeserInnen spannend. Wie ging das damals? Als Abenteurer unterwegs, mit einem selbstgebauten, nach heutigen Maßstäben kleinem Boot ohne all den modernen Klimbim an Bord, den ja niemand mehr missen möchte, wenn auch nur der Hafen für einen Tagestörn verlassen wird? Damals natürlich mit handgemachter Navigation, die heute kaum noch jemand wirklich beherrscht, mit Koppeln und Gefühl und Sextant. Und vor allem mit einer offenen Einstellung der Welt gegenüber, die ein überwiegend positives Erleben fremder Menschen und Kulturen im Gegenzug erst ermöglicht.
Diese Reise um die Welt wird nicht so sehr chronologisch, sondern eher in Höhepunkten und besonderen Erlebnissen geschildert. Erfrischend ehrlich und, vermutlich, weitgehend ungeschönt. Mal schreibt Dieter ein paar Seiten, dann werden wieder ein paar Seiten aus Sigrids persönlichem Logbuch dazu gestellt, so dass wir Lesende wirklich einmal mitbekommen, wie unterschiedlich teilweise jeder von beiden das alles erlebt und empfunden hat. Denn obwohl sie ganz offensichtlich ein echtes Dream-Team waren und vermutlich auch jetzt noch sind, nach so vielen Jahren an Land, hat es natürlich unterwegs immer mal Differenzen gegeben oder zumindest unterschiedliche Wahrnehmungen. Das wird hier auf ganz lockere Art und Weise geschildert. Ohne großes Aufhebens davon zu machen.
Das ist vielleicht das eigentliche, grundlegende Thema des Buches: kein großes Aufhebens machen. Niemand schwingt sich hier zum Seehelden auf, es werden auch keine langen Passagen über See ausführlich beschrieben, sondern nur kurz angerissen und selbst das nur, falls mal etwas Ungewöhnliches passiert. Interessanter sind eben die Erlebnisse an Land und auf den Ankerplätzen mit Einheimischen und anderen Segelnden. Und wie die beiden es überhaupt geschafft haben, solch eine Reise durchzuführen, mit wenig Geld und viel Vertrauen und Begeisterung und Arbeit unterwegs.
Was damals offenbar noch gut möglich war. Manchmal kann man schon etwas melancholisch werden, wenn man liest, wie unkompliziert es anscheinend war, damals nach Neuseeland einzureisen und dort ein Kind zur Welt zu bringen und offenbar auch die Option des Dort-Bleibens zu haben. Ich glaube eher nicht, dass dies alles heute noch so einfach möglich wäre. Ich hoffe jedoch, dass ich mich täusche. Ebenso das Arbeiten unterwegs. Aber vielleicht ist es ja auch einfach nur so, dass die meisten, die heute unterwegs sind, das gar nicht wollen oder müssen und es schon deswegen nicht versuchen?
1978 kommen sie, auf dem Rückweg nach Hause von Südafrika aus, noch einmal in die Karibik – da hätten wir uns sogar über den Weg laufen und treffen können, aber das nur am Rande. Ich hatte damals frisch von der Schule als Matrose auf einem Dreimastschoner angeheuert, der Touristen durch die Karibik schipperte. So kann ich nur bestätigen, wie anders auch die Karibik damals noch war. Daher sind Sigrid und Dieter Markworth dankbar, dass sie ihre Reise zu einer Zeit unternehmen und erleben konnten, als der Tourismus die heutigen Ausmaße und Auswüchse noch lange nicht erreicht hatte. Nicht nur der Landtourismus, sondern eben auch der Segeltourismus, die Megayachten und Rallys, die in allem Luxus um die Welt geschippert werden … das alles ist nicht meilenweit, sondern Welten von dem entfernt, was diese Beiden (beziehungsweise Drei) einst erlebt haben.
Also, ein wirklich schönes Buch. Vielleicht inspiriert es sogar den einen oder die andere, dass es eben doch ganz gut möglich ist, mit kleinem Geld und kleinem Boot auf große Fahrt zu gehen. Selbst wenn dieser Gedanke derzeit eher verschüttet wird unter all dem Getöse der segelnden Selbstdarsteller auf großen, teuren Luxusyachten. Auch deshalb verdient dieses Buch eine unbedingte Leseempfehlung von mir!
2 Antworten
Guten Tag,
zu den Autoren Sigrid und Dieter Markworth, möchte ich wissen wo es mehr Bilder und auch filme gibt.? Im Buch wird öfters erwähnt, dass gefilmt wurde.
Gibt Reisevorträge – wenn ja – wo wann ?
Freue mich auf ein Nachricht
Margot
Hallo Margot, ich glabe, dass der Film nur privat verwendet wird, kann mich aber täuschen. Aber: „Weitere Informationen über Buch, Reise und Auftritt bei 3nach9 sind im Internet unter Dieter Markworth zu finden“, das jedenfalls schrieb mir Dieter einst. Ich hoffe, das hilft…