Das Ocean Race: Boris Herrmann und das Rennen um die Welt

Boris Herrmann und das Ocean Race

Dies ist es also, das Buch zum Ocean Race, und ja, das kann ich vorab verraten, es ist wirklich so spannend und packend, wie das Rennen selbst. Wobei ich gestehen muss, dass ich das Rennen nicht mehr wirklich verfolgt habe, ganz im Gegensatz zu früheren Ausgaben davon, als es noch das Volvo Ocean Race war oder, ganz lange her, das Whitbread Round the World Race, „kurz“: WRTWR. Denn in den letzten Jahren haben wir uns etwas auseinandergelebt, das Weltrennen und ich. Schade. Doch dieses Buch hat tatsächlich das Zeug dazu, die alte eingerostete Liebe wenigstens ein bisschen neu zu entfachen.

Wer es gelesen hat, und es liest sich wirklich gut, weiß am Ende alles über das Rennen – wie es heute ist, und auch so einiges darüber, wie die Seglerinnen und Segler so ticken, ach was, alle Teammitglieder, warum sie sich diesen enormen Stress antun und was sie dafür zurück bekommen. Geschrieben ist es von Jochen Rieker, bekannt als früherer Chefredakteur der „Yacht“ und nun deren Herausgeber. Da gibt es dann schon gewisse Erwartungen an Inhalt und Schreibe, und Jochen enttäuscht diese, natürlich, nicht. Denn es wird, solide journalistisch, umfassend informiert; auch über die anderen Teams und viele Hintergründe. Und das alles dann im Stil einer spannenden Reportage aufgeschrieben. So kommt die ganze Achterbahnfahrt gut rüber, vor allem, aber eben nicht nur, die Dramatik auf See; sondern vielmehr der emotionale und organisatorische Stress für fast alle Beteiligten, mal mehr und mal weniger; die Begeisterung und die Verzweiflung, all diese Emotionen mit den hohen Amplituden. 60.000 Seemeilen, sieben Etappen, alles an Segelbedingungen, was man sich nur vorstellen kann, Schäden an Schiffen und Material, bis hin zum Mastbruch und einem Crash – natürlich bietet dieses Rennen mehr als genug Stoff für eine dramatische Erzählung. Aber man muss das alles trotzdem in die richtigen Worte fassen, nicht zu sensationell, aber auch nicht zu nüchtern. Hier also: gelungen.

Eine bange Frage spukt trotzdem irgendwo im Hinterkopf umher: Muss das alles wirklich so extrem sein? Angesichts der enormen Geldsummen und Ressourcen, die hier verbraucht werden? Macht es für die Leidenschaft, das Abenteuer und die Begeisterung einen Unterschied, ob die Yachten mit zehn Knoten die Riesenwellen des Südozeans hinab surfen wie einst, oder ob sie neuerdings mit der dreifachen Geschwindigkeit im Tiefflug darüber hinweg rauschen? Aber gut, die Welt ändert sich und damit auch das Segeln, vielleicht geht es also nicht anders, als dass es immer mehr, immer schneller, immer extremer sein muss. Nur, wie passt das zusammen mit dem Anspruch des Ocean Race, sich für den Schutz und die Rechte der Ozeane einzusetzen?

Aber genug davon, das ist ein anderes, spannendes Thema. Eines aber muss ich am Ende noch loswerden: Der für mich schönste Text in diesem Buch ist das Vorwort von Boris. Reflektiert und zutiefst romantisch zugleich, bringt es diesen ganzen extremen „Zirkus“ zurück auf den eigentlichen Kern, auf das Segeln, das persönliche Abenteur und die Inspiration, die davon ausgehen kann. Und das vermittelt dieses Rennen, nach wie vor, ob es nun wie einst das WRTWR war oder heute eben das „Ocean Race“.

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