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Geld oder Geist!

Jeder hat so seine Lieblingsfeindbilder. Für viele ist es, nicht erst seit gestern, Amazon. Und das auch nicht nur hier bei uns in Deutschland. „Wie kommst du eigentlich gegen Amazon an?“ Das fragte mich neulich mein englischer Freund Tom Cunliffe, ein international bekannter Autor, der bislang rund 30 Bücher geschrieben hat von denen die meisten übersetzt wurden, viele davon auch ins Deutsche. Die Frage verstand ich nicht gleich: Wieso? „Ich verkaufe kein einziges Buch mehr über meine eigene Hompepage“, erklärte er. „Amazon unterbietet mich gnadenlos!“

Preiskampf im Buchmarkt. Was hat das für Folgen! Nicht nur Tom Cunliffe verkauft nichts mehr, ebenso leiden kleine Buchhändler – ganz gleich, ob sie im Internet oder im Laden an der Straße operieren oder auch beides. Denn die machen keinen Massenumsatz wie Amazon, sind auf gesunde Margen angewiesen. Geiz ist ungeil: Wo der entfesselte Preiskampf tobt, bleibt die Qualität auf der Strecke. Meist wird eben nur das gekauft, was am billigsten ist.

Um das zu verhindern, gibt es die Buchpreisbindung. Um also auch eine gewisse literarische, kulturelle Vielfalt zu fördern. Damit eben nicht nur das gedruckt wird, was eine Million Fliegen am liebsten haben. Leute, die als Händler von Massenware großes Geld verdienen, kümmert das nicht. Im Gegenteil, die Buchpreisbindung stört sie. Sich per Dumpingangeboten einen Markt zu erobern, funktioniert dann nicht.

Nun gerät die Buchpreisbindung unter Druck. Onlinehandelsriesen versuchen sie zu unterlaufen; oft werden „Mangelexemplare“ unter Preis angeboten. Gefährlich auch die Billigmentalität vieler Konsumenten: es wäre doch gut, wenn Bücher billiger würden, sagen sie. Würden sie aber nicht, ohne Buchpreisbindung. Sämtliche Bücher außerhalb des Mainstreams, außerhalb des Massengeschmacks – also die wirklich lesenswerten Werke – würden erst mal teurer, dann mit Sicherheit bald gar nicht mehr gedruckt. Und wenn ein Monopolist sich erst einmal einen Markt erobert hat, diktiert er die Preise. Auch nach oben.

Nun ist die Buchpreisbindung auch durch das geplante Freihandelsabkommen mit den USA gefährdet. Denn in den USA, im Land des unbegrenzten Wettbewerbs, kennt man dieses Instrument zur Kulturförderung nicht. Zur Eröffnung der diesjährigen Buchmesse in Frankfurt warnte Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, vor dem „Sieg der anonymen, ganz und gar manipulierbaren Macht des Geldes über den Geist.“ Ohne die Schutzfunktion der Buchpreisbindung wäre das Ende der stationären Buchhandlungen eingeläutet.

Buchmessen-Direktor Jürgen Boos setzt noch eins drauf. „Das sind Kundenbindungsmaschinen und Logistikzauberer“, sagte er mit Blick auf Internetriesen wie Google, Apple und Amazon. „Das sind keine Verleger. Da ist keine Leidenschaft dabei!“ Dabei geht es auch anders. In Frankreich gibt es ein Gesetz, das traditionelle Buchläden vor der Konkurrenz durch das Internet schützt. Zugegeben, auch Literaturboot.de ist ein Internet-Buchhändler, aber unser Herz schlägt für die Literatur, auch für die kleinen Buchläden an der Ecke – wir versuchen, die maritime Literatur zu fördern indem wir das Interesse daran, hoffentlich, wecken und wach halten. Auch, beispielsweise, durch unser Literaturboot-Festival. Das übrigens in sehr freundschaftlicher, kollegialer und hilfreicher Zusammenarbeit mit dem lokalen, stationären Buchhandel in Flensburg stattfindet.

Auf jeden Fall sind wir den individuellen Buchläden sehr viel näher, als den übermächtigen Fast-Monopolisten à la Amazon & Co. Und so pflegt man dann eben sein Lieblingsfeindbild, zuweilen eben durchaus sinnvoll, und sorgt sich um die „Heilige Kuh“ der deutschen Buchbranche – ebenfalls aus sehr guten Gründen.

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